Die Firmenlogos wechselten - der Chef blieb

KENN. Vor 35 Jahren wurde von der Firma Schmidt & Breug KG in Kenn das Moseleinkaufszentrum (MEZ) eröffnet. Der erste Warenhausleiter hieß Hans-Georg Schmidt und war gerade 26 Jahre alt. Seither hat das Haus fünfmal den Inhaber gewechselt. Doch sein heute 61 Jahre alter Leiter heißt immer noch Hans-Georg Schmidt.

Kürzlich gab es in Kenn einen Anlass zum Feiern: Zum 35-jährigen Bestehen des MEZ - und damit zum 35-jährigen Arbeitsjubiläum des Kaufhauschefs - waren hochrangige Vertreter von Politik, Verbänden und Verwaltung im Warenhaus Wal Mart zur Gratulationscour erschienen. Mit auf der Jubilarliste standen auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die als Leute der "ersten Stunde" seit 35 Jahren dabei sind. Für die Einzelhandelssparte keine Selbstverständlichkeit. Wie hält man unter sechs verschiedenen Herren so erfolgreich "den Laden am Laufen"? Warum blieben so viele Beschäftigte über drei Jahrzehnte dem Haus treu? Am besten kann diese Fragen der Chef selbst beantworten. Der Weg zum Leiter eines der größten regionalen Kaufhäuser mit 250 Beschäftigten ist kurz: "Gehen sie links die Treppe hoch und fragen sie dort nach dem Büro von Herrn Schmidt", heißt es unten in der Elektroabteilung. Das "Vorzimmer" oben ist riesig und wirkt wie ein allgemeiner Verkehrsknotenpunkt für Angestellte auf dem Weg zu ihren Verrichtungen. Dann das Chefbüro: Ein kleiner Raum, bescheiden möbliert und vollgestopft mit Akten und Arbeitsmaterial. Von hier aus wird ganz pragmatisch und schnörkellos ein großes Unternehmen des Einzelhandels geleitet. "Nehmen sie Platz, der Herr Frank, unser Verwaltungsassistent, wird vielleicht auch noch dazu komme", sagt MEZ-Chef Schmidt. Tatsächlich kommt Mitstreiter Eduard Frank und nimmt kurz Platz, doch sein Mobiltelefon reißt ihn wieder aus der Runde. Zeit, um zwischen den dauernd eingehenden Anrufen die Fragen an den Kenner Wal Mart-Leiter zu richten. Er ist gebürtiger Bad Kreuznacher, sein Vater war Weinbauingenieur. Er ist Vater dreier Kinder und Großvater von zwei Enkeln. Zum Kaufmannsberuf hat es ihn schon früh hingezogen: Handelsschule, Banklehre und der Berufseinstieg Anfang der 60er-Jahre im Geld- und Kreditfach. Dort brachte er es schnell zum Abteilungsleiter. "Mich hat es dann aber weiter gedrängt", sagt Schmidt, "so habe ich 1965 das Studium der Betriebswirtschaftslehre begonnen." Nach einem "Gut-Examen" ging er 1967 zum Einzelhandel. Auch dort war der Aufenthalt in den unteren Etagen nur von kurzer Dauer: Assistent einer Warenhaus-Geschäftsleitung in Alzey, Subdirektor eines Verbrauchermarktes im Heimatort Bad Kreuznach. 1969 wurde er gefragt, ob er die Leitung eines gerade entstehenden SB-Großmarktes in Kenn bei Trier übernehmen wolle. Und ob er wollte! So wurde der damals 26-Jährige Leitender Angestellter bei der Firma Schmidt & Breug KG, der ersten Betreiberin des MEZ. Lachend erinnert sich Schmidt an seinen ersten Besuch in Kenn: "Ich habe das MEZ zunächst nicht gefunden, suchte an irgendeiner Moselschleife, wo es sich laut Lageskizze hätte befinden sollen." Doch der anschließende Start auf 10 000 Quadratmetern und mit 170 Mitarbeitern verlief um so erfolgreicher - obwohl schon damals die Zeit für mittelständisch betriebene SB-Großmärkte dem Ende zuging. Das sei schon eine familiäre Zeit in so einem kleinen Unternehmen gewesen, sagt Schmidt und fügt hinzu: "Aber es war eben zu klein, um in der Branche auf Dauer bestehen zu können." Nach einem ersten Inhaberwechsel 1985 - die Firma hieß nun Schmidt & Breug GmbH - stieg ein Jahr später der Coop-Konzern ein. Die neuen Herren verhalfen Schmidt auch zu einer neuen Erfahrung. "Mit Coop habe ich dann aus nächster Nähe die erste Pleite miterleben müssen", sagt der Betriebswirt. Nach dem Coop-Aus übernahm 1990 die französische Promodes-Gruppe das MEZ, das nun Plaza/Continent hieß. Alles wurde in Kenn auf den Kopf gestellt - mit Totalumbau und Neueröffnung 1991. Schmidt: "Das war ein interessantes Eintauchen in die französische Wirtschaftskultur. Zwischen der und etwa der amerikanischen Wirtschaftsphilosophie liegen Welten." Doch schon 1996 endete das französische Intermezzo in Kenn. Die deutsche Interspar übernahm und ging bald wieder. "Das war nur eine Episode, die kaum geprägt hat", betont der wechselerprobte Kaufhauschef. Seit 1999 ist der amerikanische Wal Mart-Konzern Herr im Haus. Schmidt bewundert die steile Erfolgsgeschichte des weltweit operierenden Handelsriesen, aber auch die Unternehmenskultur mit offener Informationspolitik und intensiver Kontaktpflege zu Mitarbeitern und Kunden.Entwicklung war nie rückläufig

Schmidt: "Aber auch wir müssen uns zurzeit quälen, da geht's uns nicht besser als anderen." Doch die nächste große Aufgabe steht schon bevor: Im nächsten Jahr ist ein Hallenumbau geplant. Das Investitionsvolumen beträgt zwei Millionen Euro. "Trotz aller Wechsel und Geschehnisse hatten wir im Prinzip nie eine rückläufige Entwicklung, das ist wichtig", so Schmidt, der ehrenamtlich auch in verschiedenen Fachausschüssen der Industrie- und Handelskammer Trier mitwirkt. Das erste Jahr nach einem Wechsel sei immer das härteste, denn man müsse beweisen, "den Anforderungen der neuen Feldherren" gewachsen zu sein. Dabei geholfen habe stets das hervorragende MEZ-Team, mit dem man sich "immer wieder in kurzer Zeit an die Spitze arbeiten konnte". Schmidt: "Ich glaube, dass ich die Leute mitziehen und begeistern kann, auch wenn die Lage mal ernst ist." Und seine Lebensphilosophie sei, dass es "nur von Nutzen sein kann, stets ein sehr enges Verhältnis zu den Mitarbeitern zu pflegen". Die Beschäftigten müssten ihrem Chef in jeder Situation vertrauen können.

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