Die Zeilen und Seiten der Sucht

KONZ. Seit Jahren betreiben Schulen Drogenprävention – mit eher mäßigem Erfolg. Die Zahl der jugendlichen Rauschmittel-Konsumenten steigt. Der ehemalige Drogenfahnder und Buchautor Jörg Schmitt-Kilian geht bei der Aufklärung eigene Wege. Auf einer Lesereise besuchte er Konzer Hauptschüler.

Selbst "coole" Eltern sind mit ihrem Latein schnell am Ende, wenn der Nachwuchs seinen ersten Joint geraucht hat. Nicht selten bricht für sie mit der Erkenntnis, dass die scheinbar wohlerzogene Tochter oder der Sohn "es" probiert hat, eine Welt zusammen. Allerdings: Nicht zwangsläufig ist das der Einstieg in eine Drogenkarriere. Soziales Umfeld reagiert oft falsch

Die steigende Zahl jugendlicher Konsumenten so genannter harter Drogen - dazu zählt man Haschisch, Kokain oder Heroin - gibt Anlass zur Sorge. Zwar steht in weiterführenden Schulen das Thema Drogenprävention auf dem Stundenplan, dennoch scheinen sich Viele nicht abschrecken zu lassen. "Eine ausschließlich auf Suchtmittelkunde, Abschreckung, Verbote und Strafandrohung gezielte Aufklärung bewirkt nur wenig", sagt Jörg Schmitt-Kilian. Hinzu komme, dass das soziale Umfeld meist falsch reagiere, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen sei. Schmitt-Kilian sollte es wissen, schließlich war er lange Drogenfahnder bei der Polizei. "Ich war mit verzweifelten Eltern drogenabhängiger Kinder und der Hilflosigkeit der Freunde konfrontiert", erzählt er. Irgendwann habe er das Bedürfnis gehabt, das Erlebte zu verarbeiten. "Vor allem aber wollte ich betroffene und auch nicht betroffene Eltern stark machen und ihnen Handlungsstrategien näher bringen." Vor Jahren begann Jörg Schmitt-Kilian mit dem Schreiben. Inzwischen stammen zahlreiche Bücher und Publikationen zum Thema Drogen aus seiner Feder. Unter anderem hat er die Biografie des Weltklasse-Triathleten Andreas Niedrig mit dem Titel "Vom Junkie zum Ironman" verfasst - so zu sagen als Beispiel, dass eine Drogenkarriere nicht mit dem Schlimmsten - dem Tod - enden muss. In seinem jüngsten Buch "Die Dealerin und der Kommissar" zeichnet Schmitt-Kilian die Geschichte der Drogenhändlerin Jenny, die Heroin an minderjährige Mädchen verkauft, nach. Das Besondere: Die Handlung basiert auf einem authentischen Kriminalfall. Regisseur Benedikt Rösau ("Das Wunder von Lengede") hat den Roman inzwischen verfilmt.Verbote schaffen noch größere Distanz

Auf seiner Lesereise besuchte Jörg Schmitt-Kilian Konzer Hauptschüler der achten Klassen in der Stadtbibliothek Konz. Dabei stellte er nicht nur einige seiner Bücher vor, sondern suchte in erster Linie das Gespräch. "Wie kommt es zum ersten Kontakt mit Drogen?" und "Wie kann man es verhindern?" waren einige der Fragen, zu denen der Autor Antworten lieferte. Nicht selten führe der Gruppenzwang dazu, "es" trotz anfänglicher Bedenken doch zu probieren. Die Reaktion von Eltern und Freunden bestehe in vielen Fällen aus Verboten oder Drohungen, so Schmitt-Kilian. Dadurch werde eine noch größere Distanz zum Betroffenen geschaffen. Erfolg verspricht sich der einstige Rauschgiftfahnder vom Herantasten an die Erlebniswelt der jungen Leute und dem Erkunden ihrer Bedürfnisse und Wünsche. Es sei die Gefühlsebene, auf der man sich bewegen müsse. Die Ergebnisse seiner Arbeit in Schulen präsentiert Jörg Schmitt-Kilian in Abendveranstaltungen und Seminaren mit erwachsenen Bezugspersonen: Eltern und Lehrer. Sein Ziel: "Ich möchte Brücken der Verständigung bauen und zum Nachdenken anregen, als Basis für die Entwicklung praxisorientierter Handlungsstrategien." Informationen: www.schmitt-kilian.de.

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