Die rohe Kraft muss weg

ZEMMER-SCHLEIDWEILER. Gegenüber dem Pfarrhaus in Schleidweiler ziehen Steinskulpturen die Blicke Vorbeifahrender auf sich. Geschaffen wurden sie von Bruno Wallenborn, der sich, neben seinem Vollzeitjob als Hausmann und dem Engagement für Vorstands- sowie Jugendarbeit des Musikvereins Rodt, seit sechs Jahren der Bildhauerei widmet.

"Das kommt von innen heraus, aus meiner Vorstellungskraft. Ich sehe die Form im Stein und hole sie heraus", beschreibt Bruno Wallenborn den kreativen Prozess, der aus Sandsteinen Menschen, Gesichter, hauptsächlich aber Tierfiguren wie Echsen oder Seelöwen entstehen lässt. "Als Naturfreund bilde ich gerne Tiere ab. Sie sind ästhetisch wegen der weichen, organischen Formen und ihrer faszinierenden Bewegungsabläufe." Die handwerkliche Umsetzung ist für den gelernten Tischler nach einem Kursus an der Kunstakademie und Selbststudium kein Problem. Eine neue Erfahrung ist der künstlerische Ansatz, der ihm in seiner Jugend mangels Gelegenheit und Zeit verwehrt blieb. Die Kreativität entdeckte der 42-Jährige durch und mit seinen beiden 13 und zehn Jahre alten Kindern.Eine Option für die Zukunft

Er begleitete sie als Betreuer von Ferienfreizeiten mit den Themen "Mittelalter", "Römer" oder "Indianer" und stellte mit ihnen und für sie Requisiten aus verschiedensten Materialien her. "Dabei hat sich ein großes Spektrum entwickelt: Holz-, Metall- und Lederbearbeitung", erzählt Bruno Wallenborn. Dann brachte ein Schüler-Ytong-Workshop ihn auf die Idee, sich dem Stein zu widmen. "Diese Materie hat mich von Anfang an fasziniert, zumal ich auch handwerklich völlig unvorbelastet damit umgehen und mich vom linearen Denken der Tischlerei frei machen konnte." Der Wert der bildhauerischen Arbeit liegt für Bruno Wallenborn jedoch im Ausgleich zum Alltag als Hausmann. Vor 13 Jahren, mit Geburt des ersten Kindes der Familie, übernahm er, entgegen gängiger Rollenverteilung, die häuslichen Pflichten. Seit sieben Jahren ist die Betreuung der ebenfalls im Haus wohnenden intensiv pflegebedürftigen Schwiegermutter Bestandteil seines Alltags. Zuweilen leidet er unter der Kräfte zehrenden Gleichförmigkeit häuslicher Routine sowie mangelnder Anerkennung genau so wie seine weiblichen Pendants, die Hausfrauen. Stärker als sie ist er jedoch von Ressentiments betroffen. "Es wird mir schon mal Faulheit unterstellt, weil ich nicht draußen im Beruf meinen Mann stehe." Manchmal hat er auch selber Zweifel: "Irgendwie bin ich zum Bügeln, Putzen und Kochen nicht geboren. Dann brauche ich eine handwerkliche Tätigkeit - die rohe Kraft muss weg, und es muss etwas Produktives dabei herauskommen." Was herauskommt, war auf Ausstellungen zu sehen, brachte ihm Anerkennung und eine mögliche Option für die Zukunft: "Vielleicht mache ich die Bildhauerei zum Beruf. Daran gewöhnt, mir die Zeit einzuteilen, flexibel und selbstständig zu sein, bin ich ja sowieso schon."

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