Diller: Keine "zweite Berliner Mauer"

AYL. Die geplante Umgehungsstraße ist nach wie vor Top-Thema in der Saargemeinde. Mehr und mehr zur Reizfigur scheint in diesem Zusammenhang der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Karl Diller (SPD), zu werden.

Derzeit dreht sich offenbar nahezu alles um das einflussreiche Mitglied der Bundesregierung, denn die Befürworter der Umgehungsstraße erhoffen sich von ihm Unterstützung, um die seit Jahrzehnten geplante Umgehungsstraße in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes zu bekommen. Doch der Sozialdemokrat kann sich mit der derzeitigen Planung nicht anfreunden: "Die vorliegenden Entwürfe können von niemandem gut geheißen werden. Sie sind eine grässliche Verschandelung des Ortsbildes." Die vorgesehenen Lärmschutzwände auf 800 Meter Länge mit einer Höhe von 2,50 Meter wären wie eine "zweite Berliner Mauer". "Ich bin nicht bereit, dafür vier Millionen Euro auszugeben", sagt das Regierungsmitglied auf Anfrage des Trierischen Volksfreundes . In einem Gespräch vor Ort mit Landtagsabgeordneten aus der Region, Ortsbürgermeister Siegfried Büdinger, Bürgermeister Günther Schartz und Ayler Gemeinderatsmitgliedern habe er, Diller, zunächst darauf hingewiesen, dass die Bewohner im an die geplante Umgehung angrenzenden Mischgebiet den gleichen Schutz erhalten müssten, wie die Bewohner im Wohngebiet auf der anderen Seite der Trasse. "Dämliches Argument"

Sinnvoll ist nach Auffassung von Diller nur eine so genannte Trog-Lösung, was allerdings zur Folge hätte, dass die Trasse mit wesentlichen höheren Kosten in die Erde eingelassen werden müsste. Die Anlieger müssten dann allerdings nur noch durch einen etwa einen Meter hohen begrünten Wall vor dem Verkehrslärm geschützt werden. In Zusammenarbeit mit der Straßenbauverwaltung sei nun die Gemeinde am Zug. Um den Vorstellungen des Staatssekretärs entsprechen zu können, habe der Gemeinderat einstimmig beschlossen, das Mischgebiet in ein Wohngebiet umwidmen zu lassen, berichtet Ortsbürgermeister Siegfried Büdinger. Durch den mittlerweile ergangenen, und aus seiner Sicht für die von der Gemeinde favorisierte Variante eins positiven, Raumordnungsbescheid sehe sich der Rat in seiner Linie bestätigt. Den Forderungen aus dem Entscheid - beispielsweise Radwege durch die Trasse nicht zu zerschneiden - werde entsprochen. Nicht nur Büdinger hofft darauf, dass die Umgehungsstraße noch in den vordringlichen Bedarf aufgenommen wird - so, wie es seit Jahrzehnten versprochen und geplant gewesen sei. Nächster Schritt nach dem Raumordnungsverfahren sei ein Planfeststellungsverfahren, womit Baurecht geschaffen werden könnte. In die Kritik geraten ist der Parlamentarische Staatssekretär. "Ich werfe Herrn Diller in der Frage der Umgehungsstraße vor, aus Eigeninteresse zu handeln", sagt Gemeinderatsmitglied Bernhard Schneider, "das ist nicht nur meine Meinung, sondern die von vielen Bürgern und Ratsmitgliedern". Er begründet seinen Vorwurf damit, dass die Schwiegereltern von Diller, die Familie des ehemaligen Ortsbürgermeisters Klaus Meier, in jenem Mischgebiet an der Biebelhausener Straße wohnt. Zudem besitzt gleich nebenan Dillers Gattin laut Auszug aus dem Katasteramt vom 9. Mai ein bebaubares Grundstück. Und Meier hat für diese Grundstücke bereits angekündigt, den Wertverlust geltend zu machen. "Man wird das Gefühl nicht los, dass Diller aus Eigeninteresse handelt", meint auch Ratsmitglied Jürgen Feith, zumal die Umgehungsstraßen für Ayl und Könen immer als Einheit gesehen worden seien. Und für Könen habe sich Diller stark gemacht. "Wenn ich das und noch mehr zusammenziehe, kann ich mir nicht vorstellen, dass Diller nicht die Finger im Spiel hat, um die Umgehungsstraße zu verhindern", ärgert sich Schneider. Er fragt sich, warum der Staatssekretär nicht schon viel früher die Trog-Lösung vorgeschlagen habe. Und liefert die Antwort gleich mit: "Alle Fachleute haben gesagt, die Trog-Lösung sei wegen des Grundwasserproblems unbezahlbar und würde zu einer viel schlechteren Einstufung in den Bundesverkehrswegeplan führen." Als ein "dämliches Argument" bezeichnet Diller die Anschuldigung, aus Eigeninteresse zu handeln. "Ich bin an einer objektiven Beurteilung interessiert. Wenn ich ein prinzipieller Gegner der Umgehungsstraße wäre, hätte ich mich nicht seinerzeit für die Fortführung der Planung eingesetzt." Schließlich habe er dafür gesorgt, dass die vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsstudie weit früher als vorgesehen begonnen worden sei. Morgen in unserer Serie "Kreis - ganz nah": Mit einem ganzen Maßnahmenbündel will die Saargaugemeinde Merzkirchen die Dorfentwicklung vorantreiben.

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