Dorfklatsch und Schweinebraten

MERZKIRCHEN-ROMMELFANGEN. Mikrowelle, elektrischer Herd und andere Gerätschaften erleichtern das Leben einer Hausfrau. Vor 50 Jahren war das anders. Alleine der Weg zur Gefriertruhe dauerte oft Minuten - mitunter sogar Stunden.

Hiltrud Temmes erinnert sich: "Wenn ich am Sonntagmorgen loszog, kam ich oft erst kurz vor Mittag mit dem Braten zurück." Dann habe die Zubereitung des Essens zwar bis in den Nachmittag gedauert, dafür sei sie aber auf dem neuesten Stand des Dorfgeschehens gewesen. Mitte der 50er Jahre waren Kühl- und Gefrierschränke in den Privathaushalten die Ausnahme. Um der Bevölkerung dennoch die Möglichkeit zu bieten, Lebensmittel einzulagern, wurden in vielen Gemeinden so genannte Gemeinschaftskühlanlagen errichtet. Neben Körrig und Dittlingen befand sich auch in Rommelfangen eine Gemeinschaftskühlanlage, die 1954 von den Einwohnern errichtet wurde. In den insgesamt 18 Gefrierfächern mit einem Fassungsvermögen von jeweils 200 Litern lagerten die Rommelfanger Fleisch, Gemüse und andere Lebensmittel. "Sogar ganze Obstkuchen habe ich hier für den Winter eingefroren", berichtet Rosi Scheuer. Rund 50 Euro pro Jahr betrug zuletzt die Miete für ein Fach. "Da die Anlage meistens voll ausgelastet war, konnten wir sie immer kostendeckend betreiben", erläutert Ortsbürgermeister Martin Lutz. Und das über einen Zeitraum von nahezu einem halben Jahrhundert. Vor zwei Jahren gab die elektrische Apparatur zur Kühlung der Gefrierfächer ihren Geist auf. Ortsvorsteher Günther Temmes kann sich noch an den Tag erinnern. "Ich kam zufällig am Kühlhaus vorbei, und das Geräusch, das aus Richtung Kühlanlage zu hören war, ließ nichts Gutes erahnen." "Eine Reparatur kam für uns nicht mehr in Frage, da sie gut 3000 Euro geschluckt hätte", sagt Temmes. In der Folge wäre eine Gebührenerhöhung unausweichlich gewesen. Zudem habe ohnehin fast jeder inzwischen zu Hause einen Gefrierschrank. So habe man sich zur Einstellung des Betriebes entschlossen. Die Rommelfanger blicken dennoch mit einem weinenden Auge auf die Schließung ihrer Gemeinschaftskühlanlage. Nicht nur, weil sich mancher ein zusätzliches Kühlgerät anschaffen musste. Hiltrud Temmes weiß: "Fast jeden Sonntag haben sich die Frauen aus dem Ort hier getroffen, um die neuesten Nachrichten aus dem Dorfleben untereinander auszutauschen." Was mit der Anlage künftig geschehen wird, weiß niemand so genau. Da sich die Feuerwehrsirene auf dem Dach des Gebäudes befindet, sei ein Verkauf nicht möglich gewesen, erklärt Bürgermeister Lutz. "In den kommenden Monaten werden wir die Sirene aber an einem anderen Ort aufstellen." Ein Abriss komme jedoch nicht in Frage, betont Lutz. Schließlich sei die Gemeinschaftskühlanlage fester Bestandteil der Dorfgeschichte.

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