"Dramatische Situation"

TRIER. Bisher sah es im Kreis Trier-Saarburg auf dem Ausbildungsmarkt gut aus. Doch in diesem Jahr schlägt der schlechte Bundestrend wahrscheinlich voll durch.

Die harmlose Version der Situation auf dem Ausbildungsmarkt in der Region Trier klingt so: "Erstmals seit Jahren ist die Zahl der Bewerber höher als die der Stellen", sagte Rudolf Müller (CDU) in der Sitzung des Kreisausschusses. Die harte Version stand in der Sitzungsvorlage, die Toni Thull (Berufsberatung Arbeitsamt Trier) noch aktualisierte. Derzeit sind 2550 Ausbildungsstellen gemeldet. Im Vorjahr waren es zum gleichen Zeitpunkt 3131. Das ergibt ein Minus von 18,6 Prozent. Demgegenüber stieg die Zahl der gemeldeten Bewerber für einen Ausbildungsplatz um 2,9 Prozent: von 2987 auf 3075. Besonders schlimm sieht es derzeit in einer der traditionellen Ausbildungs-Hochburgen, dem Handwerk, aus. Dort fehlen etwa 300 Stellen gegenüber dem Vorjahr. Am härtesten betroffen von der Entwicklung sind die Menschen im Bereich der Arbeitsamts-Dienststellen Hermeskeil und Saarburg. Im Hochwald gibt es derzeit 37 Prozent weniger gemeldete Ausbildungsplätze, in Saarburg liegt der Rückgang bei 32 Prozent. Landrat Richard Groß relativierte die Dimensionen und meinte, immerhin sei die Zahl der Ausbildungsverhältnisse in Industrie, Handel und Diensleistung zwischen 1994 und 2002 um 60 Prozent gestiegen, im Handwerk habe der Zuwachs zehn Prozent betragen. Damit sei die Region in Rheinland-Pfalz in einer herausragenden Position gewesen. "Den drohenden Rückgang werde ich allerdings nicht als selbstverständlich akzeptieren", fügte Groß an. Toni Thull, der für das seit 1997 bestehende Trierer Lehrstellen-Netzwerk sprach, machte deutlich, dass es sich bei den Daten nur um statistisches Material handele, das dem Arbeitsamt vorliege - um Absichtserklärungen der Betriebe und der Bewerber. Alle Ausbildunsgbetriebe seien Ende 2002 angeschrieben worden, erläuterte Thull. "Es gab nur eine spärliche Rückmeldung", führte er aus. Deshalb habe es eine zweite Schreib-Aktion gegeben. Thull zur Resonanz: "Ganz, ganz spärlich." Berufsberater besuchen 1000 Betriebe

Die Berufsberater des Arbeitsamtes hätten sich deshalb verpflichtet, bis zum Sommer 1000 Betriebe zu besuchen und für Ausbildungsplätze zu erben. Mit diesem Auftrag seien auch die Ausbildungsstellen-Akquisiteure unterwegs. Das Lehrstellen-Netzwerk, in dem unter anderem die Kammern und das Arbeitsamt vertreten sind, sehe deshalb vorerst von großen öffentlichen Kampagnen ab, sagte Thull. Rudolf Müller und Alfons Maximini (SPD) sprachen gleichwohl von einer "dramatischen Situation". Müller machte die Konjunkturschwäche und die "verfehlte Politik der Regierung" dafür verantwortlich. Maximini warb dafür, "ohne Polemik und ohne Schuldzuweisung" über dieses Thema zu reden. Geredet wurde bereits gestern - allerdings hinter verschlossenen Türen. Landrat Groß lud auf Initiative der CDU zum Gespräch mit einer Arbeitsgruppe, die aus Leitern von Ausbildungsbetrieben besteht. Toni Thulls Ziele klingen angesichts der derzeit vorliegenden Zahlen wie ein schöner Traum. "Wir werden versuchen, das Minus von 18,6 Prozent auf fünf Prozent zu drücken." Die "Altlast" ist relativ gering. Von den Jugendlichen, die 2002 auf den Lehrstellenmarkt drängten, waren Ende Februar dieses Jahres noch 45 unversorgt.

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