Eine Kletterwand als "Tüpfelchen auf dem i"

RUWER. Wenn ein Anwohner der Verbandsgemeinde Ruwer zum Sitz seiner Verwaltung will, muss er sozusagen exterritoriales Gebiet betreten. Denn das Rathaus von Bürgermeister Bernhard Busch liegt zwar in Ruwer, aber nicht in der VG, sondern im gleichnamigen Stadtteil von Trier.

 Familienfreundliches Angebot für Jung und Alt: Der Internet-Raum in Pluwig steht Jugendlichen und Senioren gleichermaßen zur Verfügung. TV -Archiv/Foto: Dietmar Scherf

Familienfreundliches Angebot für Jung und Alt: Der Internet-Raum in Pluwig steht Jugendlichen und Senioren gleichermaßen zur Verfügung. TV -Archiv/Foto: Dietmar Scherf

Irritierend?Das ist nicht das einzig Ungewöhnliche in dieserVerbandsgemeinde, die keinen klassischen "Hauptort" hat. Schüler,die eine weiterführende Schule besuchen wollen, vor allemGymnasiasten, müssen in der Regel nach Trier oder Hermeskeilausweichen. Auch Ganztagsschulen gibt es bisher nicht, mangelsInteresse der Eltern stellte man entsprechende Planungen inPluwig zurück. Ausnahme: Die "Regionale Schule" in Waldrach, eineMischung aus Haupt- und Realschule, wo man per Eigen-Initiativean zwei Nachmittagen pro Woche Arbeitsgemeinschaften und Kurseanbietet. 600 Schüler werden dort unterrichtet, und der Bürgermeister ist stolz auf die "gute Einrichtung und den hohen Ausstattungs-Standard". Zwei Millionen Euro wurden in den letzten Jahren investiert. Als "Tüpfelchen auf dem i" dürften die Schüler die bis zu sieben Meter hohe Kletterwand empfinden, ein Höhepunkt im Freizeitangebot der Gemeinde.

Dazu zählen auch 43 Spiel- und 11 Bolzplätze in den 20 Gemeinden der VG. In Korlingen, Thomm und Gusterath gibt es schön gestaltete, "naturnahe" Spielplätze, in einzelnen Gemeinden bleibt es aber auch bei dem, was Bernhard Busch "das berühmte Dreier-Set Wippe, Rutsche, Schaukel" nennt. Aber man arbeite an Verbesserungen, häufig unterstützt durch Privat-Initiativen der Anwohner.

Zwei Beachvolleyball-Felder, zehn Streetball-Anlagen, dazu zehn frei zugängliche Sportplätze, sechs Hallen und eine Halfpipe, letztere in Mertesdorf: Sport -Fans brauchen in der VG Ruwer nicht weit zu reisen. Um die Mobilität müssen sie sich allerdings oft selbst kümmern, denn bei den ÖPNV -Verbindungen zwischen den Gemeinden braucht man nach Einschätzung des Bürgermeisters "einen sehr langen Atem". Dafür ist die Anbindung nach Trier laut Busch "besser als in den meisten anderen Verbandsgemeinden", obwohl die mangelnde Nutzungs-Frequenz in den letzten Jahren zu einer Reduzierung der Fahrttakte geführt hat.

Jugendarbeit wird groß geschrieben im Ruwertal und drumherum. In Zusammenarbeit mit dem Bistum unterhält man einen hauptamtlichen Jugendpfleger. Es gibt "PC-Labors" in Waldrach und Osburg, in Pluwig existiert ein gemeindeeigener "Internet-Raum". Ein Projekt auf ABM-Basis entwickelt zurzeit sogar mit Jugendlichen eine neue Homepage für die Verbandsgemeinde - sie soll, wenn es gut läuft, offiziell übernommen werden, verspricht der Bürgermeister.

Einige Gemeinden unterhalten separate Jugendräume. Wo es keine Trennung zum üblichen Bürgerhaus-Betrieb gibt, "da haben wir ein Problem". In Waldrach bemüht man sich um eine Lösung mit Hilfe des alten Feuerwehr-Gerätehauses. In Mertesdorf kümmern sich die Jugendlichen selbst um ein Holzhaus bei der Ruwertal-Halle. "Es läuft trotz aller Unkenrufe gut", hat Busch beobachtet. In Kasel gibt es sogar einen eigenen Jugendring.

Ein Faible für die ganze Familie haben die Vereine in Ruwer. Ganz vorne mit dabei: Die Jugend-Feuerwehren. Dort gebe es einen "ungeheuren Zulauf", berichten die Floriansjünger. Gutweiler, Korlingen und Sommerau habe die Jugendfeuerwehr inzwischen "mehr Mitglieder als die Erwachsenen", berichtet Verwaltungschef Busch. Und: "Es sind immer mehr Mädchen dabei".

An Beratungsstellen fehlt es nicht. Die Lebensberatung aus dem benachbarten Hermeskeil geht in Ruwer "über die Dörfer". Hilfe und Informationen werden regelmäßig in drei der elf Kindergärten angeboten. Die Gleichstellungsbeauftragte der Verbandsgemeinde organisiert "Frauentage", um ein Netzwerk in den Orten aufzubauen.

Das ist auch nötig, denn die Infrastruktur und die Einkaufsmöglichkeiten vor Ort lassen sehr zu wünschen übrig. Das sei "ein Knackpunkt", räumt auch der Bürgermeister ein. Ein "Schlag ins Kontor" sei der Rückzug der Volks- und Raiffeisenbank gewesen, die Post schloss Agenturen in Schöndorf und Morscheid. Die Eröffnung des Einkaufszentrums auf der Tarforster Höhe beeinflusste den Einzelhandel negativ - kleine Läden gaben auf. "Manche Gemeinden haben nur noch eine Kneipe", bedauert Busch, weist aber auch auf Fälle wie Ferschweiler und Osburg hin, wo Bürger-Engagement dazu führe, dass es neue oder erweiterte Läden gebe.

Auf der Plus-Seite kann die Verbandsgemeinde das Thema " Bauen und Wohnen " verbuchen. Wohnraum ist in vielen Gemeinden günstig zu mieten, und die Bauland-Preise lassen "Städter" mit Neid auf das Ruwertal blicken. So kann man für 50,11 Euro pro Quadratmeter in Farschweiler kaufen, für 60 Euro in Thomm oder für 70 in Kasel. Mehr als 150 Bauplätze stehen aktuell zur Verfügung, Orte wie Gutweiler oder Korlingen sind schon in der Planung für neue Gelände.

In Morscheid ist man besonders familienfreundlich, allerdings mit lokalpatriotischem Einschlag: Junge Familien aus dem Ort werden bei der Grundstücksvergabe bevorzugt behandelt.

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