Eine Ruine wurde zum Kleinod

ENSCH. Fast wäre das Gebäude abgerissen worden, heute ist es ein Schmuckstück an der Mosel: das Dorfmuseum in Ensch. In dem ehemaligen Back- und Kelterhaus wird dörfliche Geschichte liebevoll festgehalten.

Vor rund zehn Jahren glich das 400 Jahre alte Gebäude in der Enscher Martinstraße "buchstäblich einer Ruine", erinnert sich Peter Roths mit einem Blick auf dokumentierende Fotos. Eine Rückwand war eingefallen. Das Dach, der Schornstein, Fenster und Türen befanden sich in einem miserablen Zustand. Dazu war der Weinkeller mit Unrat und Schlamm von einem lange zurück liegenden Unwetter bedeckt. Kein Wunder, dass die Gemeinde für einen Abriss des Gebäudes stimmte. Doch Peter Roths, Vorstandsmitglied im Heimatverein Ensch/Mosel e.V., war anderer Meinung.Viel Arbeit und 60 000 Euro investiert

"Von Anfang an hatte ich die Idee, ein Museum daraus zu machen. Hier sollten die dörflichen Geräte, die kurz über lang beim Altwarenhändler gelandet wären, gerettet werden." Kurzerhand erwarb er das Gebäude von dem damaligen Eigentümer und schenkte es dem Heimatverein. Roths: "Und dann haben wir erstmal aufgeräumt." Mit "wir" meint Roths den "treu zur Seite" stehenden Enscher Ernst Becker und etliche Helfer, die für die nächsten Jahre alle Hände voll zu tun hatten. Von 1994 bis 1996 dauerte die Renovierung des früheren Back- und Kelterhauses, die mit Fördergeldern und Spenden bezuschusst wurde und insgesamt 60 000 Euro kostete. Mit Handarbeit, Bagger und Traktoren brachten Roths und Becker - damals immerhin 69 und 71 Jahre alt - das Gebäude auf Vordermann, mauerten, malten, meißelten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Neben dem sanierten Kamin ("Hier fehlen eigentlich nur noch die Schinken und Würste") ist der ursprünglich erhalten gebliebene Backofen im Dorfmuseum ein Kernstück. Dort werden bei Festen oder Besuchen von Schulklassen bis zu 18 Zweipfünder gleichzeitig gebacken - mit stilgerechtem Kneten des Teigs in einer Backmulde, die früher gleichzeitig als Tisch diente. Besonders auffallend sind die vielen Gerätschaften aus Landwirtschaft, Handwerk und Haushalt, deren Funktion oft erst durch die lebhaften Erläuterungen der Heimatpfleger Roths und Becker klar wird. Fast die Hälfte der Ausstellungsstücke wurde von dem Enscher Gerhard Müller zur Verfügung gestellt. "Mit 95 Prozent solcher Geräte habe ich früher selbst gearbeitet", erinnert sich Becker und deutet auf einfache, aber funktionelle Apparate. Um dann doch schmunzelnd einzuschränken: "Bis auf die Küchensachen." Zu fast jedem Gegenstand fällt dem heute 81-Jährigen eine Geschichte ein, die den Mythos der "guten alten Zeit" korrigierend in das Licht der "harten alten Zeit" rückt. Besonderes Augenmerk verdient eine komplette Schuhmacher-Werkstatt, die von Aloys Walscheid aus Bekond stammt. "Es kommt immer wieder etwas dazu", meint Roths. Zuletzt war es eine Waschanlage für Weinflaschen. Denn auch eine umfangreiche Sammlung zu Weinbaugeräten gibt es im Dorfmuseum, deren größere Exponate in einem Außengebäude und dem Gewölbekeller zu sehen sind. Besuche im Dorfmuseum nach Voranmeldung bei Ernst Becker, Telefon 06507/4207 oder Peter Roths, Telefon 06507/3483. Eintritt kostenlos, Spende erwünscht. Morgen: Eröffnungsfeier im Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium Schweich.

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