Eintauchen in die Gefühlswelt

SAARBURG. (pr) Biografiearbeit zählt zu den zentralen Möglichkeiten, mit dementen Menschen umzugehen. Die Abschlussklasse der Altenpflegeschule Saarburg beschäftigte sich intensiv mit dieser Thematik.

Biografiearbeit bedeutet Erinnerungspflege und Gedenken. Sie enthält im weitesten Sinne die kulturellen Gewohnheiten der älteren Menschen im ländlichen und städtischen Lebensbereich vergangener Zeit. Sie hilft, den Lebenslauf, die Gewohnheiten und damit das Verhalten der Dementen zu erfassen und zu verarbeiten. Puzzelteile aus der Lebensgeschichte werden gesammelt, zusammengesetzt, um das autobiografische Gedächtnis zu fördern und zu erhalten. Einher geht die Förderung der Identität und Persönlichkeit.Anknüpfen an verbliebene Fähigkeiten

Abteilungsleiter Hans-Joachim Schrodt: "Das Wissen um die Lebensbedingungen, Erinnerungen und Gewohnheiten ist von herausragender Bedeutung. Es gibt den Pflegenden die Möglichkeit, an verbliebene und vertraute Fähigkeiten der dementen Menschen anzuknüpfen und einen Zugang in ihre aktuelle Gefühlswelt zu finden." Zum Erstellen einer Biografiearbeit gehören, so Schrodt, auch das Wissen über geschichtliche, wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Ereignisse aus dem Umfeld des verwirrten Menschen: Feiern bestimmter Feste, Tragen von Sonntags- und Festtagskleidern. Ein Beispiel: Der Landwirt Robert W. ist unruhig, neigt zum Weglaufen, zeigt verbale und körperliche Aggressionen. Gedanklich und emotional lässt sich der Pflegende auf die Lebensgeschichte ein, um seine Handlungen zu begreifen. Dabei stellt sich heraus: Die Weglauftendenz und die Unruhe könnten ihren Ursprung in einer wohl behüteten Kindheit haben, die der Patient sich zurücksehnt. Eine andere Erklärung könnte sein, dass Robert W. sich zum Militär zurücksehnt, weil er dort eine Respektsperson war und etwas zu sagen hatte. Dort hatte er seine Ordnung und wurde gebraucht. Er möchte, dass es so wieder wird. Auch Sorge um den verlassenen Hof, auf dem er fast sein ganzes Leben verbracht hat, die Arbeit und die zurück gelassene Schwester lassen ihn nicht zur Ruhe kommen. Schrodt vertieft: "Dieses Beispiel macht deutlich, dass Biografiearbeit hilft, den dementen Menschen mit seinen Erinnerungen zu verstehen und ihm Vertrauen und Sicherheit zu geben."Wertschätzung und genaues Beobachten

Dann geht er auf das aktive Zuhören ein: "Durch Wertschätzung, Einfühlungsvermögen und genaues Beobachten erhält der verwirrte Mensch ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit in seiner aktuellen Gefühlswelt." Anhand der Ausstellung "Menschen mit Demenz" wurden nichtmedikamentöse Behandlungsformen der Verwirrtheit demonstriert. Da die Kommunikation mit Dementen überwiegend auf der Gefühlsebene erfolgt, werden Dinge zum Fühlen und Tasten, Riechen und Sehen gezeigt. Einen großen Raum nehmen alte Gegenstände ein, von den Schülern zusammen getragen, die den Dementen an alte Zeiten erinnern. Dieses Erinnern umfasst auch Tätigkeiten und das Erkennen von Zusammenhängen: Beim Betrachten einer alten Kaffeemühle erinnert sich der Demenz-Kranke daran, wo die Kaffeebohnen in die Mühle eingefüllt werden. Vielleicht gelingt ihm das Drehen der Mühle. Vielleicht fällt ihm ein, wie früher Kaffee aufgebrüht wurde. Vor allem werden ihm die Stimmung an der festlich gedeckten Tafel und möglicherweise damals empfundene Gefühle präsent werden.

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