Erinnerungen an die Großmutter

KONZ-KARTHAUS. Kurt Beck auf Wahlkampftour. Im Kloster Karthaus lieferte der Ministerpräsident einen landespolitischen Rundumschlag, sozusagen eine vorweg genommene Regierungserklärung.

Wenn sich der Ministerpräsident ankündigt, dann schlägt der Puls aller Beteiligten noch ein bisschen höher als sonst zu Wahlkampfzeiten. Draußen vor dem Kloster Karthaus hielt ein Ventilator einen Plastikschlauch mit SPD-Signet stramm aufrecht, während sich die ersten Besucher einfanden. Drinnen spielte die Winzerkapelle Wiltingen unter der Leitung von Thomas Hertel, klangvoll-schmissige Weisen. Manfred Nink, der SPD-Direktkandidat für den Wahlkreis Schweich/Trier-Land, war aus Kenn herbeigeeilt. Alfons Maximini, Direktkandidat für den Wahlkreis Konz-Saarburg-Hermeskeil, dankte dem Kollegen für die Mitvertretung dieses Kreises in der vergangenen Legislaturperiode.Rheinland-Pfalz von seiner besten Seite

Aber genug: "Jetzt wollen wir das selber machen." Dann setzte sich Maximini detailliert mit den Argumenten der politischen Gegner und den eigenen Vorstellungen auseinander, wobei die Rede zunehmend an Wahlkampf-Schwung verlor, was sie an Detailfreude gewann. Bevor Kurt Beck den Saal betrat, lief die Dramaturgie ab, die beim Wahlkampf-Auftritt eines Ministerpräsidenten nun mal abzulaufen hat. Auf einer Leinwand präsentierte sich Rheinland-Pfalz in einem SPD-Werbefilm von seiner besten Seite, und ein froh gelaunter Sprecher unterstrich ein ums andere Mal, was das Land an seinem Ministerpräsidenten hat. Beim Einzug spielte das Winzerorchester noch ein wenig kräftiger, und alle erhoben sich. Kurt Beck strahlte Solidität, Optimismus und Väterlichkeit aus. Er pries an Manfred Nink die verkehrspolitische Kompetenz und an Alfons Maximini dessen Erfahrung als Kommunalpolitiker und startete dann einen landespolitischen Rundumschlag, eine Art vorweggenommener Regierungserklärung. Ungefähr alles irgendwie Wichtige kam nach und nach an die Reihe: die Arbeitsplätze und Sozialsysteme, die Verbesserung der Infrastruktur, die neuen Möglichkeiten der Großregion, die Verbesserung der Bahnverbindungen, der Hochwasserschutz, die gelungene Entbürokratisierung, die Unternehmens-Neugründungen, die Schwimmbad-Sanierungen im Land, Fordern und Fördern bei jugendlichen Arbeitslosen, die individuelle Betreuung der Schwerbehinderten, Kinderbetreuung und Ganztagsschule, und schließlich die Förderung von Hoch- und Minder-Begabten. All das präsentiert mit der Sicherheit des amtierenden Regierungschefs, der weiß oder zu wissen glaubt, wo es langgeht. Formulierungen wie "Wir wollen alles tun, was in unserer Kraft steht" gehörten zum rhetorischen Grundbestand der Beckschen Ansprache. Dass er sich mit dem politischen Gegner nur kurz auseinandersetzte, gehört zum politischen Kampfstil. Schließlich gipfelte das politische Credo des Ministerpräsidenten in der Maxime "Was man versprochen hat, muss man auch halten". Das habe er von seiner Großmutter gelernt. Die meist älteren Besucher im fast voll besetzten Festsaal waren hingerissen. Bevor Beck aus dem Saal und wahrscheinlich zum nächsten Wahlkampf-Auftritt stürmte, überreichten Manfred Nink und Alfons Maximini als Erinnerung ein Buch über das Kloster Karthaus. Was der SPD-Ministerpräsident nicht wissen konnte: Das Buch stammt von einem führenden Konzer CDU-Stadtratsmitglied.

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