Fado aus der Finsternis

Saarburg-Beurig · Dona Rosa aus Lissabon vereint in ihrer Musik das Schicksalhafte und Leidenschaftliche des portugiesischen Musikstils Fado. Die blinde Musikerin singt für ihre Zuhörer im Dunkeln. Ein intensives Erlebnis für das Publikum beim Konzert im Pfarrheim Saarburg-Beurig.

 Neben ihrer markanten Stimme spielt Dona Rosa die Triangel zur Ergänzung ihrer Begleitmusiker. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Neben ihrer markanten Stimme spielt Dona Rosa die Triangel zur Ergänzung ihrer Begleitmusiker. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Foto: Herbert Thormeyer (doth), Herbert Thormeyer ("TV-Upload Thormeyer"

Saarburg-Beurig. Fado, auf Deutsch Schicksal, ist ein Musikstil, der in Portugal den Rang eines klingenden Monuments genießt. Er ist seit 2011 in der Liste des nichtmateriellen Weltkulturerbes der Unesco zu finden.
Die Sängerin Dona Rosa traf das Schicksal, blind zu sein. Vielleicht klingen ihre Fado-Lieder deshalb noch authentischer als bei sehenden Künstlern. Die 59-Jährige begann als Straßensängerin und ist heute weltweit unterwegs.
Gespräche verstummen sofort


Der Saarburger Veranstalter Christof Kramp holte die Künstlerin ins Pfarrheim St. Marien nach Beurig. Die knapp 100 Zuschauer waren vorgewarnt: Dieses Konzert wird anders sein, vor allem dunkel. Die Frau aus Lissabon, die von Ines Vaz auf dem Akkordeon und Raul Abreu auf der Portugiesischen Gitarre begleitet wird, hat es sich auf ihrem Stuhl bequem gemacht. Dann lässt sie den Saal abdunkeln.
Jetzt sind alle blind. Sofort verstummen die Gespräche, das übliche Gemurmel, bevor die Künstler die Bühne betreten. Als sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnen, ist das Hellste die Straßenbeleuchtung, die fahl zwischen den zugezogenen Vorhängen hindurchblinzelt. Einzig das weiße Hemd des Gitarristen ist schemenhaft zu erkennen.
Wie aus einem dunklen Tunnel strömt eine Stimme auf die Zuhörer ein. Sie ist rau und fast etwas rostig aus der Mitte des dunklen Nichts zu hören. Flankiert wird sie vom Akkordeon links und der Gitarre rechts. Zögerlich, ja fast ängstlich wird nach dem ersten Lied applaudiert. Der Beifall klingt irgendwie verunsichert.
"Fado, das sind Lieder von Liebe, Leid und Leidenschaft", sagt die Sängerin im Gespräch mit dem TV. Die meisten Titel kann sie auswendig, begleitet sich und ihre Mitmusiker auf der Triangel.
Dann kramt Dona Rosa in einem Stapel bunter Pappdeckel, die rechts auf einem kleinen Tischchen liegen, was die Zuhörer in der ersten Hälfte bei Dunkelheit nicht mitbekommen. Hierauf sind die Texte in Blindenschrift (Brailleschrift) abgedruckt.
Gitarrist Raoul Abreu erklärt: "Den Text kann ein Blinder nicht nur lesen, sondern auch fühlen." Fado, das komme aus tiefster Seele, ähnlich dem amerikanischen Blues. Die Seele der Portugiesen, so beschreibt er es, scheint ständig zu schwingen.
Und das hört man, auch wenn die Stimme der Sängerin nicht jedermanns Geschmack ist.
"Nichts lenkt ab"


Besucher Michael Augustin beschreibt das Dunkelheitsexperiment: "Man wird auf sein Gehör reduziert und ist gezwungen, sich auf die Musik zu konzentrieren. Nichts lenkt ab." Auch Anja Schütz aus dem saarländischen Losheim findet die Idee, Musik im Dunkeln zu hören, toll: "Das ist ein besonderes Erleben." Sie lobt aber auch das virtuose Spiel auf dem Akkordeon und der Gitarre.
Im zweiten Teil wird das Bühnenlicht wieder eingeschaltet. Das Gefühl, hier etwas Besonderes erlebt zu haben, bleibt erhalten.

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