Fordern und fördern

SALMTAL. (peg) Lust auf den Lehrerjob hat Helmut Repplinger sehr früh verspürt: Schon Onkel Hanni war ein Schulmeister, und was der sagte, galt in der Familie. Weder Onkel noch Neffe haben die Berufswahl je bereut.

 Das macht Helmut Repplinger bis zu seinem letzten Tag als Lehrer den meisten Spaß: inmitten seiner Schüler zu sein. Neben ihm Personalratsvorsitzende Marlies Neumann. TV-Foto: Petra Geisbüsch

Das macht Helmut Repplinger bis zu seinem letzten Tag als Lehrer den meisten Spaß: inmitten seiner Schüler zu sein. Neben ihm Personalratsvorsitzende Marlies Neumann. TV-Foto: Petra Geisbüsch

Es war einmal ein Junge, der schaffte es gerade mal eben durch die Grundschule. Sein Lehrer ließ ihn nicht hängen, im Gegenteil: Es lag ihm viel daran, die frühe Enttäuschung des Versagens zu ersparen. Zehn Jahre später las dieser Lehrer in der Zeitung, dass der Kerl im ersten Anlauf seine Gesellenprüfung bestanden hatte - den praktischen und den theoretischen Teil. Und der Kerl griff zum Telefon, um seinem ersten Lehrer von seinen Zukunftsplänen zu erzählen: Dass er zunächst mal Zivildienst machen würde, bevor es in den Beruf ginge. Wieso er sich dafür entschieden habe, wollte der Lehrer wissen. "Wissen Sie, als Sie damals mit uns das Bild Guernica von Picasso besprochen haben - das hat mich nie mehr losgelassen. Ich möchte kein Soldat werden." Der Lehrer war Helmut Repplinger, und es machte ihn sehr glücklich, von der absoluten Mündigkeit seines früheren Sorgenkindes zu hören. Natürlich weiß er, dass er nicht immer eine so wichtige Rolle spielt, doch er sieht: "Wir Pädagogen haben einen größeren Einfluss auf junge Menschen, als wir manchmal glauben." Deshalb hat Repplinger, der am 31. Januar in die Altersteilzeit verabschiedet wird, seine Arbeit nie auf die leichte Schulter genommen. Als ältestes von vier Kindern wuchs er in die Verantwortung für andere hinein - "ohne groß darüber zu reden". Die Entscheidung zum Lehrerberuf, stark beeinflusst von Onkel Hanni, selbst "Schulmeister" der besten Sorte, hat er nie bedauert. Hier konnte er seinen Wunsch am ehesten leben: möglichst vielen Menschen ebenfalls diese Lust am sozialen, rücksichts- und verantwortungsvollen Umgang miteinander zu vermitteln, das aus einer starken Verantwortung für sich selbst erwächst. "Nur so ist man später gegen Ideologien gefeit." Früh orientierte sich der 1949 in einem Dörfchen bei Saarburg aufgewachsene Repplinger beim französischen Reformpädagogen Freinet, der gegen die reine Kopfpädagogik zu Felde zog. Am besten lernt es sich in Bewegung, weiß Halbmarathon-Läufer Repplinger, weshalb er seiner Grundschule das Profil "Bewegte Schule" verliehen hat. Hier werden die Bedürfnisse des Körpers mit hineingenommen bis in den Mathematikunterricht. Zwei plus drei macht fünf, klar, und dabei darf fünfmal gehüpft werden - zum Beispiel. Es bangt Repplinger auch nicht, wenn junge Menschen mal über die Stränge schlagen. Das gehöre dazu - beim einen früher, beim anderen später. Er selbst wird sich im Sommer einen Traum erfüllen, bis zu dem er bisher noch nicht vordringen konnte: Er wird seinen Sohn in Australien besuchen, für ihn der Inbegriff eines weiten, freien Landes. "Kinder sind nicht gleich und müssen deshalb auch individuell gefordert und gefördert werden," sagt der Pädagoge. Andere Länder machen es uns vor, sagt er, und wünscht sich endlich finnische Verhältnisse: Zwei Lehrer pro Klasse sind selbstverständlich, Sitzenbleiben gibt es nicht. Das nütze erwiesenermaßen überhaupt nichts. Er fordert auch für Deutschland ein ganzheitlich angelegtes Schulwesen: Bildung und Erziehung im Doppelpack, damit kognitive, emotionale und soziale Fähigkeiten fürs spätere eigenverantwortliche Leben gleichermaßen trainiert werden. Vielleicht erlebt es ja seine Nachfolgerin Nicole Lorentz.

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