Freche Lieder in altem Gemäuer

Saarburg · Lieder mit Texten mit bitterer Ironie und beißendem Sarkasmus hallen über den Burghof. Es ist ein Konzert mit zwei Künstlern, die weit weg sind vom Gewohnten. Götz Widmann und Falk greifen tief ins Menschliche ein und sprechen daher den Leuten so aus der Seele.

 Nicht immer wird gesungen: Seine „Klimakatastrophe“ trägt Götz Widmann als Gedicht vor. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Nicht immer wird gesungen: Seine „Klimakatastrophe“ trägt Götz Widmann als Gedicht vor. TV-Foto: Herbert Thormeyer

Foto: Herbert Thormeyer (doth), Herbert Thormeyer ("TV-Upload Thormeyer"

Saarburg. Zwei Liedermacher, die komplett verschieden aussehen, aber wenn sie den Mund aufmachen, doch starke Ähnlichkeiten aufweisen, haben sich mit Götz Widmann mit Wahlheimat Schweiz und dem Berliner Falk getroffen. Es ist ein 29-Jähriger, der fast Doktor der Geschichte geworden wäre, wenn er nicht knapp davor Götz Widmann getroffen hätte, um mit ihm auf Tour zu gehen.
Rund 200 Zuhörer und ein Hund fanden sich im Burghof in Saarburg ein, um die beiden mit Liedern der ganz anderen Art zu hören. Vor Jahresfrist hat Götz Widmann an gleicher Stelle seine 20-Jahre Jubiläumstour beendet. Jetzt ist er in Saarburg mit seinem 16. Album, "Krieg und Friede", in seine nächsten 20 Jahre gestartet.
Wie entwickelt Götz Widmann seine Ideen? "Wenn man am Leben teilnimmt, sieht, was passiert und den Menschen zuhört, dann kommen diese Ideen von alleine", verrät er dem TV. Und auch: "Ich bin ein Nachtaktiver und ein Nachtkreativer. Ich schreibe meine Lieder, wenn die anderen schlafen, kein Telefon klingelt und keine etwas von mir will."
Einer seiner Klassiker ist der Titel "2,8 Kilometer Bier". Er hat es genau ausgerechnet: Bei einem Durchmesser von sieben Zentimetern ist das die Strecke aller Flaschen aneinander gereiht, die er schon in seinem fast 50-jährigen Leben geleert hat, und stellt fest: "Mann, bin ich enttäuscht von mir." Er habe auf eine längere Strecke gehofft.
Eine sarkastische Beschimpfung der jungen Generation ist das Lied "Für Euch", dessen Refrain die Zuhörer auch mitsingen. Es geht um die Protestgeneration, die den Boden für die heute allzu bequemen jungen Leute bereitet hat, denen ihr Computerspiel wichtiger ist als alles andere. "Da wird man als Alter manchmal zornig", stellt Widmann fest.
Ein weiterer Hit: Politik als Konzept für die Altersvorsorge, vollmundige Wahlversprechen, fürs Volk? Nein, für die eigene Rente!Humor mit ernstem Hintergrund


Der Humor hat also einen ernsten Hintergrund? "Ja, viele Dinge sind nicht so toll im Leben, und man muss trotzdem damit klarkommen", sagt der Liedermacher. Humor sei allemal gesünder und billiger als Alkohol und Drogen: "Dingen mit einem Lächeln zu begegnen, ist außerdem gut für die Seele."
Falk? Ja, einfach nur Falk. Der 29-jährige Berliner steht im Burghof an der Mauer und genießt den Ausblick: "In solch einer Location habe ich ja noch nie gespielt." Ein wenig schmächtig und blass, sieht er so harmlos aus. Aber wehe, er macht den Mund auf. "Ich singe mit Zynismus, aber mit einem Augenzwinkern", warnt der schon mal vor.
Das geht gleich los mit einem Lied übers Fremdgehen, beschreibt die menschlichen Leiden in seiner Hymne für Hypochonder und in einem Song hat er geerbt: "Endlich ist die Verwandtschaft für was gut!" Falk sagt außerdem: "Es gibt keine Illusion, die es nicht wert ist, rechtzeitig zerstört zu werden."
Der Abend senkt sich über die Burg. In der Ferne gibt es Wetterleuchten. Nachdem Götz Widmann festgestellt hat "Ich bin schwanger" und nicht weiß, wer die Mutter ist, legt er die Gitarre weg und spricht das Gedicht Klimakatastrophe: "...und der Rotwein von der Mosel wird endlich weltmarkttauglich. Lebensabend unter Palmen, CO, ich bin dabei."
Eine Fangruppe diskutiert in der Pause: "Die CDs von Götz bei einem Bier in der Hängematte sind schon toll. Aber live ist er richtig super." Christa Bonertz aus Saarburg findet: "Das ist alles so aktuell und sehr gut, trotz, oder gerade wegen der deftigen Sprache, und durchaus nachahmenswert für andere Künstler."Extra

Für Konzertveranstalter Christof Kramp von Station K ist die Saarburg eine "traumhafte Location". Ebenso die Synagoge in Wawern. In diesem ehemaligen jüdischen Gotteshaus spielt Falk am Freitag, 4. September, seine Lieder. doth Karten sind erhältlich unter der Tickethotline 0651/7199-996, im TV-Service-Center Trier und auf www.volksfreund.de/tickets

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort