"Friem Fraamensch" mit Heimatsinn

KENN. Fremd in Kenn war Beatriz Hilgers einst. Heute kennt kaum jemand den Ort so gut wie sie. Hilgers schrieb die Ortschronik und richtete das Heimatmuseum ein. "Kenn ist mir Heimat geworden", sagt sie.

Ihrer Studentenliebe wegen zog Beatriz Hilgers an die Mosel. Das war vor 50 Jahren. "Kenn ist meine Heimat geworden", sagt die 75-jährige heute. In Argentinien geboren und in deutschen Städten groß geworden, war sie vom ersten Tag an fasziniert von dem Dorfleben. "Ich habe bewusst den Verlauf der Jahreszeiten an den jeweiligen bäuerlichen Arbeiten gesehen und was für eine Arbeit für das tägliche Brot notwenig ist", sagt Beatriz Hilgers. Nach dem Studium der Philologie, Kunstgeschichte und Rechtswissenschaft in Mainz "bin ich in die Familienfalle getappt". Die Kenner wunderten sich über das "friem studiert Fraamensch met den langen Hoaren und den engen Buxen" (fremde studierte Frau mit langen Haaren und Jeans). "Ich kam mir manchmal vor wie ein Kalb mit zwei Köpfen, wenn ich durch das Dorf ging", erinnert sich die zweifache Mutter. Dabei machte sie nichts anderes als die Frauen in den Kittelschürzen, die sich über die Zugezogene wunderten: Beatriz Hilgers führte den Haushalt, erzog die beiden Söhne und pflegte Eltern und Schwiegereltern - und sie behielt immer die Geschichte des Dorfes im Auge. So richtig entfacht wurde ihre Leidenschaft für Zeitzeugnisse, als der Ortsbürgermeister und der Gemeinderat ihr 1982 die Neubearbeitung der von Pastor Franz Kelkel geschriebenen "Pfarr- und Ortschronik Kenn 1965" übertrugen. "Ich sagte zu, ahnte aber nicht, welche Arbeit auf mich zukommen würde." Der Vergangenheit auf der Spur, führten sie die jahrelangen Recherchen in manchen Keller, sie hat viele Geschichten gehört. "Ich musste manche Spreu vom Weizen trennen." Und Beatriz Hilgers hat Hunderte von Bildern angeschaut. Herausgekommen ist ein fast 500 Seiten umfassender Schatz für die Kenner Bürger und die Nachfahren. Dass ihr so viele Menschen ganz persönliche Dinge anvertraut haben, "spricht dafür, dass ich auch zu den Leuten von Kenn gehöre. Mir ist es längst zur Heimat geworden". 1988 eröffnete das von Beatriz Hilgers eingerichtete Heimatmuseum seine Tür. Sie sieht sich als Bewahrerin der Vergangenheit, aber: "Ich bin nicht blind für die Gegenwart, das wäre schlimm."

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