Gelegenheit zum Dialog

KONZ. Essen, Trinken und Genussmittel sind vier Wochen lang tagsüber tabu. Für gläubige Moslems bedeutet der Fastenmonat Ramadan aber nicht nur Verzicht, er ist vor allem eine Zeit des Friedens und der Versöhnung. Zum traditionellen "Fastenbrechen" hatte die türkisch-islamische Gemeinde Konz zahlreiche Gäste geladen.

Jeder, der einmal versucht hat, ein paar Pfunde los zu werden, weiß: Enthaltsamkeit erfordert eiserne Disziplin. Stimmungsschwankungen sind mitunter nicht auszuschließen. Was manch einem schon beim bloßen Gedanken daran den Schweiß auf die Stirn treibt, ist für gläubige Moslems während des Fastenmonats Ramadan eine Selbstverständlichkeit. Vier Wochen lang gilt täglich das Gleiche: Essen, Trinken und jegliche Arten von Genussmitteln wie Zigaretten, Alkohol und Süßigkeiten sind zwischen Morgendämmerung und Einbruch der Dunkelheit tabu. Der Sinn des Ganzen liegt hauptsächlich in der Besinnung des Einzelnen auf seinen Glauben, in dem er die alltäglichen Erfordernisse in den Hintergrund treten lässt.Streitigkeiten beilegen und Freundschaften pflegen

Die eher karge Zeit des Ramadan bedeutet für die Gläubigen allerdings nicht nur Enthaltsamkeit, sie bietet ihnen vor allem eine gute Gelegenheit, Streitigkeiten beizulegen und Freundschaften zu pflegen. Dazu nutzen sie beispielsweise das traditionelle Fest des Fastenbrechens. Nach Sonnenuntergang werden im Familienkreis alle Arten von Speisen aufgetischt. Manchmal werden dazu Freunde und Bekannte sowie Angehörige anderer Glaubensrichtungen eingeladen. Während des gemeinsamen Essens kommt man ins Gespräch und nutzt die Gelegenheit, Unstimmigkeiten aus der Welt zu schaffen. Rund 700 gläubige Muslime, darunter hauptsächlich türkische Mitbürger, leben derzeit in der Stadt Konz. Seit dem 15. Oktober - dem Beginn des Ramadan, der sich nach dem islamischen Mondkalender richtet - heißt es für sie, tagsüber Verzicht zu üben. Zum gemeinsamen Fastenbrechen waren zahlreiche Gäste, darunter etliche des öffentlichen Lebens, in das Gemeindehaus der türkisch-islamischen Gemeinde nach Konz gekommen. Deren Glaubensrichtung spielte dabei nicht zwangsläufig eine Rolle, denn auch Nicht-Muslime waren dabei. Allerlei traditionelle Gerichte, liebevoll zubereitet von Gemeindemitgliedern, standen zum Verkosten bereit. Neben ausgiebigem Schmausen stand vor allem das Gespräch im Mittelpunkt. Die Bedeutung des Dialogs - besonders mit Nicht-Muslimen - hob Ibrahim Sezer, Attaché für religiöse Angelegenheiten beim türkischen Generalkonsulat in Mainz, hervor. Ohne das Gespräch habe man keine Chance, sich gegenseitig kennen zu lernen und damit Verständnis füreinander zu entwickeln. "Das jedoch ist wichtig, denn nur so ist ein friedliches Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Prägungen möglich." Sezer bekräftigte die ablehnende Haltung der überwiegenden Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslime in Bezug auf islamistischen Terror. Es gebe noch eine Menge Missverständnisse, die ausgeräumt werden müssten.Suche nach neuem Gemeindehaus

Bürgermeister Winfried Manns verstand seine Einladung als "Ausdruck des friedlichen Miteinanders und der guten Zusammenarbeit der Behörde mit der türkisch-islamischen Gemeinde in Konz". Einer Bitte von Vertretern der Gemeinde nach großzügigeren Räumlichkeiten konnte Manns zwar nicht sofort entsprechen, er bekräftigte jedoch deren Anspruch auf genügend Platz für kulturelle und soziale Aktivitäten. Gleichzeitig bot er seine Hilfe bei der Suche nach einem neuen Gemeindehaus an. So hat das üppige Mahl den einen oder anderen für den entbehrungsreichen folgenden Tag gestärkt. Andererseits hat das gemeinsame Feiern des Fastenbrechens vielleicht auch für ein Quäntchen mehr Verständnis füreinander auf dem langen Weg zu gegenseitiger Akzeptanz gesorgt.

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