Gemeinsam Halt geben

WALDRACH. In der Verbandsgemeinde (VG) Ruwer soll Familien mit Problemen schneller und früher geholfen werden. Das "Soziale Frühwarnsystem" will Mitarbeitern von Kindergärten und Schulen Handlungssicherheit geben und Hilfseinrichtungen vernetzen.

"Wir haben eine drastische Zunahme von Fremdunterbringungen von Kindern", sagt Hans Schmitt, Leiter des Jugendamtes Trier-Saarburg. Der Grund: Eltern könnten ihrem Erziehungsauftrag immer weniger gerecht werden. Dabei könne vielen Familien geholfen werden und könnten Fremdunterbringungen vermieden werden, wenn riskante Entwicklungen frühzeitig erkannt und Hilfen angenommen werden, bevor sich die Probleme verfestigt haben. Davon geht die Projektgruppe Soziales Frühwarnsystem in der VG Ruwer aus."Nicht länger die Augen verschließen"

Marita Krist, Sozialpädagogin und Leiterin der Lebensberatungsstelle Hermeskeil, Claudia Allar, Jugendpflegerin der Verbandsgemeinde Ruwer, und Volker Werner vom Jugendamt Trier-Saarburg stellten Erzieherinnen und Lehrern aus der VG Ruwer im Rathaus in Waldrach das Modellprojekt vor: "Erzieherinnen und Lehrer können nicht länger die Augen verschließen, wenn sie Problemsituationen bemerken", sagte Marita Krist. Paragraf 8a des Strafgesetzbuchs regele eindeutig, dass bei Gefährdung des Kindswohls gehandelt werden müsse. Das Ergebnis einer Fragebogenaktion in Kindergärten und Schulen der VG Ruwer zeigte, dass es auch dort Kinder mit Verhaltensaufälligkeiten und Problemsituationen gibt, bei denen die Beteiligten glauben, dass die Einschaltung einer Hilfsinstitution erfolgen sollte. Die Schilderungen aus dem Alltag der Erzieherinnen und Lehrer machten deutlich, wie groß die Unsicherheit der pädagogischen Fachkräfte ist, ob die Situation überhaupt angesprochen werden soll. Und es gibt große Unklarheiten darüber, wann und wer kontaktiert werden soll. "Ein Junge aus meiner Klasse fehlt häufig. Er ist oft aggressiv. Die Eltern kommen nicht zu Gesprächen. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll", sagte ein Lehrer in einer Kleingruppe, die über Schwellenwerte diskutierte, ab wann gehandelt werden müsse. "Das soziale Frühwarnsystem soll ihnen Handlungssicherheit geben", sagte Marita Krist. Um Situationen qualifiziert erkennen und beurteilen zu können, helfen zukünftig von der Projektgruppe zusammengestellte Materialien, weitere geplante Treffen und die gezielte Zusammenarbeit der Hilfsorganisationen. "Bei der Einschätzung der Situation eines Kindes ist eine große Sensibilität gefragt", betonte Marita Krist. Schnell sei eine Situation als gegeben geschildert, obwohl es nur eine Hypothese sei. "Es könnte sein, dass das Kind geschlagen wird - das reicht nicht aus", erklärte die Sozialpädagogin. Volker Werner gab zu bedenken:"Eine problematische Situation entsteht nicht von heute auf morgen." Und Marita Krist warnte davor, Kinder aus Familien mit Risikofaktoren wie Trennung und Scheidung oder Arbeitslosigkeit zu stigmatisieren. Eine große Herausforderung bestehe auch darin, den Vertrauensschutz zu wahren und zu wissen, wie viele Informationen weiter getragen werden müssen. "Es geht um die Kinder, die früh als Risikokinder erkannt werden sollen. Es geht nicht ums Wegnehmen", betonte Jugendamtsleiter Schmitt. Das soziale Frühwarnsystem sei eine Chance für Familien, Hilfe zu bekommen, bevor die Probleme übermächtig werden, sagte Marita Krist.

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