Gläser, die die Welt verzerren

SAARBURG. Seit 2003 ist die Zahl der Verkehrsunfälle, an denen Fahranfänger beteiligt waren, im Bereich der Polizeiinspektion Saarburg zurückgegangen. Damit sich der Trend fortsetzt, leisten die Ordnungshüter intensiv Präventionsarbeit – unter anderem mit Hilfe neuartiger "Alkoholbrillen".

 Auch einfachste Verrichtungen fallen Frank Schmitz mit der "Alkoholbrille" nicht leicht. TV-Foto: Hermann Pütz

Auch einfachste Verrichtungen fallen Frank Schmitz mit der "Alkoholbrille" nicht leicht. TV-Foto: Hermann Pütz

An einem Vormittag in der Saarburger Geschwister-Scholl-Schule: In einem Klassenraum ist ein junger Mann damit beschäftigt, einen Parcours aus rot-weißen Pylonen zu durchlaufen - "möglichst im Slalom", wie ihm Polizeioberkommissar Dieter Steffen zuvor erklärt hat. Frank Schmitz - so heißt der junge Mann - hat sichtlich Schwierigkeiten, die Richtung zu halten. Einige Pylonen hat er unter schallendem Gelächter seiner Klassenkameraden schon umgeworfen.Speziell geschliffene Gläser

Am Ende des Parcours soll Frank zwei Plastikbecher über Pylonen stülpen. Erst nach mehreren Versuchen gelingt es ihm. Zum Schluss muss der Berufsschüler über eine weiße Linie auf dem Boden balancieren. Auch das erweist sich als "gar nicht so einfach", wie Frank Schmitz anschließend erklärt. Erst als er die knallrote Brille, die er bis dahin getragen hat, abnimmt, fühlt er sich wieder einigermaßen wohl. Auch das Gleichgewicht zu halten, fällt ihm jetzt leichter. Was zunächst an eine "Taucherbrille" erinnert, ist tatsächlich eine in den USA entwickelte "Sehhilfe". Speziell geschliffene Gläser lassen ein verzerrtes Bild von der Umgebung entstehen. Auf diese Weise soll es dem Träger erschwert werden, sich zu orientieren. Insgesamt drei "Alkoholbrillen", die mit unterschiedlichen Gläsern ausgestattet sind, hat Dieter Steffen von der Landespolizeischule mit nach Saarburg gebracht. Der Polizeioberkommissar erklärt: "Mit jeder Brille kann man einen anderen Promillewert simulieren." Allerdings: "Es lassen sich nur die Auswirkungen auf die Motorik nachempfinden", erläutert Oberkommissar Wolfgang Hein, Verkehrserzieher bei der Polizei Saarburg. "Da kann man sich vorstellen, um wie viel gravierender die Folgen sind, wenn auch das Denkvermögen durch ‚echten' Alkoholgenuss beeinträchtigt wird." Die Schüler der Geschwister-Scholl-Schule sollen an diesem Tag nicht nur lernen, welche Konsequenzen massiver Alkohol- oder Drogenkonsum in Zusammenhang mit dem Autofahren hat, sondern auch, welche Folgen zu schnelles Fahren hat. Seit einigen Jahren besuchen Wolfgang Hein, Dieter Steffen und ihre Kollegen regelmäßig weiterführende Schulen in der Region, um Präventionsarbeit zu leisten. Mit dabei ist das "Sicherheitsmobil" der Landespolizeischule, das unter anderem mit einem Fahrsimulator ausgerüstet ist. Dabei haben es die Beamten hauptsächlich auf die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen abgesehen. "Obwohl diese Altersgruppe bundesweit nur rund acht Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht, sind immerhin bei 25 Prozent aller Verkehrsunfälle mit Personenschäden junge Fahrer beteiligt", erklärt Oberkommissar Hein. Das - allerdings nicht neue - Problem: Oft spielen unangepasste Geschwindigkeit sowie Alkohol oder Drogen eine Rolle. Deshalb habe die Präventionsarbeit nach wie vor höchste Priorität, so Hein.Zahl der Verkehrsunfälle gesunken

Die Ordnungshüter setzen dabei nicht nur auf "warme Worte", sondern auch auf das Erleben - und dazu dient unter anderem die neuartige "Alkoholbrille", die Hein und seine Kollegen seit kurzem einsetzen. Immerhin: Seit 2003 ist die Zahl der Verkehrsunfälle mit Beteiligung junger Fahrer im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion Saarburg kontinuierlich gesunken. Wolfgang Heins Erklärung: "Wir haben den Eindruck, dass sich die Einstellung junger Leute zum Autofahren positiv verändert hat." Im vergangenen Jahr waren bei insgesamt 1397 Unfällen im Bereich der Saarburger Polizei in 291 Fällen Fahrer aus der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen beteiligt. Heins Tipp: "Auch im Hinblick auf die bevorstehende Fastnachtszeit sollte jeder, der feiern will, schon vorher dafür sorgen, dass seine Heimfahrt gesichert ist und er sich nicht im angetrunkenen Zustand ans Steuer setzen muss."

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