Großmutters Fladen schmecken allen Kindern

KORDEL. Sütterlin-Schrift statt Computer, Hefegebäck statt Hamburger, Märchen statt Harry Potter: In der Grundschule Kordel entdecken Schülerinnen und Schüler ihr Herz für die handfesten Erinnerungen der Großeltern-Generation.

 Gleich ist es so weit: Die kleinen Schauspielerinnen und Schauspieler und die beiden Betreuerinnen, Lieselotte Annhäuser (hinten Mitte) und Elisabeth Roth, fiebern ihrem Auftritt entgegen.Foto: Clemens Beckmann

Gleich ist es so weit: Die kleinen Schauspielerinnen und Schauspieler und die beiden Betreuerinnen, Lieselotte Annhäuser (hinten Mitte) und Elisabeth Roth, fiebern ihrem Auftritt entgegen.Foto: Clemens Beckmann

Donnerstagvormittag, kurz nach 10 Uhr: Unter dem Jubel des Publikums betreten die Schauspieler die Bühne. Das Publikum rast, als der Auftritt beendet ist. Und weil es so schön war, wiederholen die Akteure ihr Spiel noch einmal.Das Stück heißt "Die goldene Gans" und entstammt dem Märchen-Fundus der Gebrüder Grimm. Gespielt wird es von Schülerinnen und Schülern der Grundschule Kordel.Eingeübt haben sie es innerhalb von nur zwei Tagen. Aber es sind keine Lehrerinnen oder Lehrer, die es mit ihnen eingeübt haben, sondern Lieselotte Annhäuser und Elisabeth Roth - zwei überaus rüstige und entsprechend tatkräftige Seniorinnen.Die ältere Generation ist in der Schule gern gesehen. Im Vorjahr hat eine Gruppe älterer Menschen aus ihrem Leben erzählt, in diesem Jahr greifen sie bei den Projekttagen tief in die Praxis-Kiste. Sie spielen mit den Kindern Theater, leiten sie zum Häkeln und Stricken an, backen mit ihnen süße Fladen, erklären ihnen die Sütterlin-Schrift, erläutern ihnen die verschiedenen Handwerke und töpfern mit ihnen kleine Vasen und Tiere. Für die Kinder ist es der Himmel auf Erden. Auf die mehrfach gestellte Frage, ob ihnen diese Art von Unterricht gefällt, kommt nur eine Antwort: ein lang gezogenes "Jaaa...". Und die Augen leuchten dabei. Selbst das Entziffern der Sütterlin-Schrift, die in den 20er Jahren ihre Blütezeit erlebte, ist für die Kinder ein Erlebnis. "Man muss zwar dauernd auf die Tafel gucken, aber es macht Spaß", erzählt Sebastian mit Blick auf das Alphabet, das Klaus Pauli in großer und kleiner Sütterlin-Schrift an die Tafel geschrieben hat. Eines hat der Senior fest gestellt: "Die Kinder sind besonders stolz, wenn sie ihren Namen in Sütterlin-Schrift schreiben können."Die Küche ist das Reich von Adelheid Reiter und Anni Roth. Reiter hat das Rezept für den Fladen, den sie mit Hefeteig zubereitet und in der Pfanne ausbackt, von ihrer Mutter übernommen. Für die Kinder gibt es in den Tagen der Projektwoche nichts Besseres als dieses mit Zucker bestreute Gebäck. In den Pausen bilden sich Schlangen vor der Schulküche.Rektorin: Die Kinder sind fasziniert

Die Zusammenarbeit zwischen Schule und Senioren ist Teil eines Generationen übergreifenden Projekts der Verbandsgemeinde Trier-Land. Partner sind in diesem Fall der Jugendring Trier-Land und der Caritas-Verband. Bei der Caritas liegt eine Liste mit Namen von Senioren vor, die für solche Projekte zu Verfügung stehen.Beide Organisationen finden bei der Kordeler Schulleiterin Monika Hoffmann ein offenes Ohr. "Wir wollen den Kindern durch eigenes Handeln die Welt der Senioren näher bringen", sagt die Pädagogin. "Die Kinder sind fasziniert, wenn von früher erzählt wird."Lieselotte Annhäuser drückt ihre Erfahrungen so aus. "Am ersten Tag habe ich mich gefragt, wie wirst du damit fertig. Aber wenn es darauf ankommt, kann man sich auf die Kinder verlassen. Wenn es etwas Interessantes gibt, sind sie wunderbar."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort