Gut verankert und vernetzt

Seit 30 Jahren besteht die Lebensberatung Saarburg in diesem Jahr. Ihre Existenzberechtigung dürften inzwischen selbst die größten Zweifler akzeptiert haben: In den zurückliegenden zwei Jahrzehnten haben sich die Anmeldezahlen der Ratsuchenden verdreifacht. Probleme nach Trennung und Scheidung sind der Bereich, der die Mitarbeiter der Einrichtung am stärksten beschäftigt.

 Sie sind die Lebensberatung Saarburg (von links): Stephanie Pfeiffer, Ingeburg Jungen, Birgit Wald, Josef Junk, Gisela Steinmetz, Anne Ferner-Steuer (vorne). TV-Foto: Susanne Rendenbach

Sie sind die Lebensberatung Saarburg (von links): Stephanie Pfeiffer, Ingeburg Jungen, Birgit Wald, Josef Junk, Gisela Steinmetz, Anne Ferner-Steuer (vorne). TV-Foto: Susanne Rendenbach

Saarburg. Versteckt in einem unauffälligen Gebäude am Schloßberg hat die Lebensberatung Saarburg ihren Sitz. Wer das Haus aufsucht, fällt nicht auf - schließlich könnte der Besucher auch etwas in der KFZ-Zulassungsstelle zu erledigen haben, die ebenfalls in dem Haus untergebracht ist.

Dass seit der ersten Stunde - damals noch im alten Rathaus und unter der Bezeichnung "Erziehungs-, Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle" - stetig mehr Menschen den Weg in diese Anlaufstation gesucht haben, belegen die Zahlen.

"Im Vergleich zu 2007 haben wir bis jetzt 2008 bereits 25 Prozent mehr Anmeldungen", erläutert Josef Junk, seit 1983 Leiter der Saarburger Lebensberatung. "Seit 1987 hat sich die Zeit der Anmeldungen mit 400 verdreifacht." Da Familien bei der Anmeldung nur einfach gezählt werden, liegt die Zahl der tatsächlichen Beratungen weitaus höher.

1068 Kinder, Jugendliche und Erwachsene seien 2007 von Junk und seinen fünf Mitarbeiterinnen - allesamt diplomierte Pädagoginnen mit unterschiedlichen Zusatzqualifikationen - betreut worden. Stark verändert habe sich im Laufe der Jahre, was an Beratung abgefragt wird.

In den ersten Jahren habe Erziehungsberatung den weitaus größten Teil ausgemacht. Birgit Wald, Beraterin "der ersten Stunde" in der Saarburger Einrichtung, berichtet von einem weiteren Feld, das am Anfang "zu bestellen" war: "Großes Thema waren alleinerziehende berufstätige Mütter, die damals noch sehr wenige Unterbringungsmöglichkeiten für ihre Kinder und dadurch große Probleme hatten." Auch die Herangehensweise habe sich gewandelt: "Damals arbeitete man sehr defizitorientiert", erläutert Stephanie Pfeiffer. ",Wo fehlt was, wer trägt Schuld an der unglücklichen Situation?' waren Fragen, denen man nachgegangen ist. Heute gehen wir lösungsorientiert vor, holen die Betroffenen an einen Tisch und arbeiten die Chancen und Ressourcen im Beziehungsgeflecht heraus."

Heute machten Probleme nach Trennung und Scheidung den eindeutig größten Anteil an der Arbeit der Saarburger Fachleute aus. "Anfang der 90er Jahre gab es in Saarburg einen eklatanten Anstieg der Scheidungen", erinnert sich Josef Junk.

"Neben diesem Thema beschäftigen wir uns in Saarburg auch viel mit Frauen, die überhaupt nicht mehr wissen, wie sie mit ihren Babys und Kleinkindern umgehen sollen und mit Jugendlichen, die Schulprobleme haben."

Von Schulseite gerne verschwiegen, benennen Junk und seine Kolleginnen ein weiteres Feld: "Natürlich spielt auch in Saarburg das Thema Drogen eine Rolle", so Junk. "Mir hat mal ein Dealer gesagt, dass 40 Prozent aller Jugendlichen hier Drogen probieren."

Generell gelte: "Die Menschen bei uns brauchen sich nicht glücklich zu reden. In der Saarburger Lebensberatung bekommen wir gesellschaftliche Trends und Entgleisungen früh mit." Den großen Vorteil der Saarburger Einrichtung sehen Junk und sein Team "in der guten Verankerung innerhalb der Bevölkerung, den kurzen Wegen und der guten Vernetzung mit anderen Einrichtungen".

Termine können über das Sekretariat telefonisch unter 06581/2097 zu folgenden Zeiten ausgemacht werden: montags bis freitags von 8.30 bis 12.30 Uhr, montags und dienstags von 14 bis 17.30 Uhr.

Meinung

Zu Recht mit im Boot

Stetig mehr Menschen geraten in ihrem Alltag ins Schleudern. Die einen fühlen sich in der Schule oder im Job überfordert, andere plagen Ängste und Sorgen bei der Erziehung der Kinder. Für einige ist die Ehe oder Lebensgemeinschaft zum Höllentrip ohne Ausstiegsmöglichkeit geworden. Manchem ist schlichtweg der Lebensmut abhanden gekommen. Wo früher bei intakten Strukturen das familiäre und soziale Umfeld einiges abzufedern und aufzufangen vermochte, fühlen sich viele heute ihrem Schicksal hoffnungslos ausgeliefert. Der Schritt, bei einem niedergelassenen Psycho-Therapeuten Hilfe zu beanspruchen, mag für viele zu groß sein - zumal es in diesem Bereich weder in Konz noch in Saarburg eine Überversorgung gibt, lange Wartelisten abschrecken. Genau an diesem Punkt greift die Lebensberatung in Saarburg: mit einem Team langjähriger und gut ausgebildeter Mitarbeiter, die die spezifischen Probleme der Region kennen, eine breite Themen-Palette abdecken und vorurteilsfrei und vernetzt mit den übrigen Einrichtungen dieses Sektors zusammenarbeiten. Ohne ärztliche Überweisung ist hier auch vergleichsweise kurzfristig ein Hilfsangebot nutzbar. Die Lebensberatung Saarburg hat ihre Berechtigung und ihre Erfolge - vor allem auch im präventiven Bereich. Um auch weiterhin vernünftig arbeiten zu können, ist die Einrichtung auf die Zuschüsse all derer angewiesen, die auch derzeit bei der Finanzierung mit im Boot sind. Und es trotz knapper Kassen hoffentlich auch bleiben. s.rendenbach@volksfreund.deExtra Die Lebensberatung Saarburg ist eine von 20 Einrichtungen des Bistums Trier und deckt den Bereich der Verbandsgemeinden Saarburg und Konz ab. Als Besonderheit innerhalb des Bistums ist die Saarburger Institution eine integrierte Erziehungs- und Ehe-Beratungsstelle mit involvierter Jugendhilfe. 55 Prozent der Kosten übernimmt das Bistum. Die verbleibenden 45 Prozent teilen sich das Land, der Kreis sowie die beiden Verbandsgemeinden. Die Beratungen laufen in den Räumen der Geschäftsstelle am Schloßberg 3 und sind für Ratsuchende kostenfrei.

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