Hausschwamm wütet in Pfarrkirche

WILTINGEN. Eigentlich habe alles ganz harmlos angefangen, sagt Pater Peter Tillmann. Um in der Pfarrkirche St. Martinus einen weiteren Durchgang zu schaffen, habe er eine Sitzbank entfernt. "Da haben wir gemerkt, dass die Bretter vibrieren." Die anfängliche Hoffnung, das Problem durch ein paar neue Bohlen zu beheben, verflog schnell: Der ganze Kirchenboden ist vom Hausschwamm befallen und muss erneuert werden. Die Kosten: mehr als 90 000 Euro.

"Das Holz ist fast wie Pulver", sagt Pastor Tillmann und zeigt auf die Holzbohlen, die sich mitten in der Kirche auftürmen. Einige Balken zeigen eine weißliche Färbung. Das Holz darunter ist weich wie Torfmull und zerfällt zwischen den Fingern. "Serpula lacrimans", so der lateinische Name des Hausschwamms, fühlt sich vor allem auf feuchtem Holz, Papier, Stroh, aber auch auf Textilien wohl. Der Ständerpilz breitet sein weißes bis graues Myzel auf der Unterlage auf und zerstört sie. Das Geflecht des Hausschwamms kann sogar Mauerfugen durchdringen. So kam der Eindringling wohl auch unter die Bankreihen von St. Martinus. Anfänglich hätten der Verwaltungsrat der Pfarrgemeinde und er gedacht, mit der Erneuerung von 70 Quadratmeter Boden auszukommen, sagt Pastor Tillmann. Doch Stichproben im hölzernen Untergrund ergaben, dass sich Serpula lacrimans im ganzen Kirchenschiff breit gemacht hatte. Statt der avisierten 26 000 Euro kamen nun 91 000 Euro Kosten auf die gut 1200 Schäflein zählende Kirchengemeinde zu. Immerhin, so sagt Pastor Tillmann, habe das Bistum Trier einen Zuschuss von 60 Prozent der Bausumme bewilligt. Die übrigen 40 Prozent solle die Gemeinde über Darlehen finanzieren. Doch auch diese rund 36 000 Euro seien noch eine gewaltige Summe, sagt Tillmann. "Wir haben hier eine Kollekte von 6500 Euro im Jahr". Also hat der 74-jährige Pastor Bittbriefe losgeschickt; an Vereine, Banken, die Kommune. Die beiden Jagdgemeinschaften im Ort hätten schon je eine vierstellige Summe zugesagt. Von den anderen Adressaten sei noch keine Antwort gekommen.Hilfe von der Verbandsgemeinde Konz

Allein die Verbandsgemeinde (VG) Konz hat die Absicht, zehn Prozent der Kosten zu übernehmen. Allerdings berichtete Bürgermeister Winfried Manns (CDU) in der jüngsten Sitzung des VG-Rats, dass die Kommunalaufsicht diese "freiwillige Ausgabe" nicht genehmigt habe. Dem Trierischen Volksfreund sagte Manns, er werde noch einmal mit der Kommunalaufsicht sprechen, um die Genehmigung doch noch zu bekommen. "Das ist schließlich eine der schönsten Kirchen, die es hier in der Region gibt." Wunderschön ist die im Volksmund "Saardom" genannte Wiltinger Kirche tatsächlich. Sie wurde in den Jahren 1909/10 im Neugotischen Stil erbaut - die Pläne hatte kein Geringerer als der Trierer Dombaumeister Julius Wirtz (1875-1952) entworfen. Seit langem schon steht das Gotteshaus unter Denkmalschutz. Seit Montag vergangener Woche sieht das Innere allerdings reichlich kahl aus: Die Sitzbänke stapeln sich vor dem Hauptaltar unter einer grünen Plastikfolie, und der nur noch aus Schotter bestehende Boden erinnert stark an ein Bahngleis. Doch schon bald wird ein neuer Holzboden eingebaut sein, den eine Betonunterlage künftig vor Feuchtigkeit schützen soll. Sieben bis neun Wochen wird es noch dauern, ehe die Arbeiten fertig sind, schätzt Architekt Albert Mezger. So lange müssen die Gläubigen zu Gottesdiensten in den Keller des Pfarrhauses ausweichen. Zumindest hier kann Serpula lacrimans dem Fußboden nichts anhaben: Er besteht ganz aus Naturstein. Morgen lesen Sie in unserer Serie "Trier-Saarburg - ganz nah" einen Bericht über die Jugendverkehrsschule in Konz.

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