Heimreise mit Tücken

SAARBURG. Zwölf Uhr mittags. Gähnende Leere herrscht auf dem großen Busbahnhof. Minuten später bevölkern hunderte Schüler aus Ortschaften des Kreises und des benachbarten Saarlandes den Platz nahe dem Gymnasium und harren der Busse, die mitunter nicht kommen.

Als der zwölfjährige Thomas Obst aus Faha an diesem Tag nach Hause kam, war das Essen wahrscheinlich schon kalt. Bereits um 12.10 Uhr hatte der Gymnasiast Schulschluss. Zehn Minuten später hätte der Bus fahren sollen, doch um 12.40 Uhr lehnten Thomas und Kumpel Nils Timmer immer noch gelangweilt an dem Mast, dessen oberes Ende ein gelbes Schild mit dem Buchstaben "H" ziert. Verspätungen seien nicht außergewöhnlich, sagen die beiden. "Hauptsache, der Bus kommt überhaupt."Bustüren zu und weg

Wenn der Bus schließlich komme, sei die Heimreise dennoch nicht immer gesichert, berichtet Verena Schmidt. Seit zwei Jahren fährt die Zwölfjährige mit einem Bus der Moselbahn fast täglich vom Heimatort Besch zum Gymnasium nach Saarburg. Auf dem langen Weg über den Saargau füllt sich das Fahrzeug stetig mit weiteren Schülern aus Gemeinden wie Faha, Münzingen, Kirf, Meurich und Kelsen. "Da kommt es nicht selten vor, dass die meisten bis Saarburg stehen müssen." Manchmal werde beim Einsteigen etwas gedrängelt. "Schon öfter hat ein Fahrer die Tür dann einfach geschlossen und ist abgefahren." Thomas Müller, Pressesprecher der Kreisverwaltung, kennt das Problem. "In Einzelfällen", so Müller, "werden Zusatzbusse geordert." Laut des rheinland-pfälzischen Schulgesetzes ist der Kreis Trier-Saarburg für die Beförderung der Schüler in seinem Gebiet zuständig. Vor rund sieben Jahren übernahm die Moselbahn die Schülerbeförderung im Bereich Saargau und Teilen der Verbandsgemeinde Konz. "Die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen ist gut", berichtet Müller. "Tauchen Probleme wie erhebliche Verspätungen oder Busausfälle auf, hat das in der Regel seinen Grund." Die Moselbahn sei jedoch ständig bemüht, Missstände auszumerzen. Regelmäßige Gespräche mit dem Unternehmen sowie Pünktlichkeitskontrollen vor Ort trügen zusätzlich dazu bei. Das bestätigt auch Willi Horsch, Disponent bei der Saarburger Geschäftsstelle der Moselbahn. "Allerdings", so Horsch, "sind wir gegen höhere Gewalt - Krankheit eines Fahrers, technische Probleme mit den Fahrzeugen oder Unbilden des Wetters - nicht gefeit." Notfalls greife er als ehemaliger Fahrer im Liniendienst schon mal selbst zum Lenkrad. Den Unmut bei den von einer Verspätung oder einem Busausfall Betroffenen verstehe er sehr gut. "Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Leute Verständnis haben, wenn man ihnen den Grund erklärt." Mangelnde Streckenkenntnis stoße jedoch selten auf Verständnis bei den Fahrgästen, weiß Thomas Müller. Es habe in der Vergangenheit einen Fall gegeben, in dem ein Fahrer die vorgesehene Route in entgegengesetzter Richtung abgefahren habe. Moselbahn-Disponent Horsch hält dem entgegen: "Das war ein Einzelfall. Normalerweise bekommen unsere Mitarbeiter eine Einarbeitungszeit von zwei bis drei Tagen." Das reiche aus, um eine Strecke kennen zu lernen.Defizite in Deutschkenntnissen

Streckenkenntnis ist eine Sache, deutsche Sprachkenntnisse eine andere. In den vergangenen Jahren setzte die Moselbahn zunehmend ausländische Fahrer ein - zum Teil aus osteuropäischen Ländern. Thomas Müller vermutet, auch im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) müsse kräftig gespart werden. "Die Leute aus dem Osten geben sich häufig auch mit niedrigeren Einkommen zufrieden." Probleme entstünden, weil die Fahrer für die Schüler nicht nur Fahrzeuglenker, sondern auch Ansprechpartner seien. Ein Problem kann Willi Horsch hier jedoch nicht erkennen. "Zwar haben wir in der Vergangenheit einen Fahrer niederländischer Herkunft aufgrund von Beschwerden vorübergehend aus dem Verkehr gezogen." Doch normalerweise achte das Unternehmen schon bei der Einstellung auf ausreichende deutsche Sprachkenntnisse. "Missstände", betont Thomas Müller, "können wir nur beheben, wenn wir darauf hingewiesen werden." Auch Landrat Richard Groß forderte in einer Sitzung des Kreistages Anfang März Eltern und Schüler mit Nachdruck dazu auf. Vielleicht können Thomas Obst und seine Kumpels demnächst ihr Mittagessen regelmäßig einnehmen, ohne es vorher aufwärmen zu müssen.

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