Herr Pfarrer isst am liebsten Marmelade

FREUDENBURG. Was isst ein Inder in Deutschland zum Frühstück? "Natürlich ein Marmeladenbrot mit Butter", sagt Jose Pollayil lachend. Und weil ihm das so gut schmeckt, isst er es auch zum Abendbrot.

Jose Pollayil ist Priester und hat vier Wochen Urlaubsvertretung für Pfarrer Josef Krämer in den Gemeinden Freudenburg, Kastel und Trassem übernommen. Täglich liest er in einem der Orte die Messe, sonntags finden zwei Gottesdienste statt. Wie er, kommen jedes Jahr viele Geistliche in die Region und vertreten Kollegen. Es ist der erste Besuch von Jose Pollayil in Deutschland. Normalerweise lebt er in Rom und studiert dort pastorale Theologie. Geboren ist er an der Westküste von Indien in Kerala. Traditionell gehören zu diesem Studium Auslandsaufenthalte für Ferienvertretungen und kulturelle Studien. Pfarrer Kuriakose, der drei Jahre in Freudenburg tätig war und ein Freund Pollayils ist, habe ihm den Ort empfohlen. "Die Menschen haben mich wirklich sehr herzlich empfangen", freut sich Jose Pollayil. "Bei kleinen Versprechern schimpfen sie nicht, sondern korrigieren mich höflich und mit viel Geduld." Das hat zur Folge, dass er schon nach drei Wochen ein bisschen Deutsch sprechen und verstehen kann. Mit Marianne Wilbois, die für ihn das Mittagessen kocht und ihn auf kleine Ausflüge in die Umgebung mitnimmt, müsse er sich eben zur Not mit Händen und Füßen verständigen, fügt er schmunzelnd hinzu. Zweimal in der Woche übe er außerdem Deutsch. A propos Essen. "Wir kochen wesentlich würziger", findet er. Ansonsten lautet sein Kommentar: "Schmeckt gut." Einmal habe er mittags Eier nach indischer Art mit Kokosnuss und Ingwer für Marianne Wilbois gekocht. "Sie war begeistert", sagt er stolz. Die kirchlichen Zeremonien sind fast wie in Rom, zu seiner Heimatstadt in Indien gibt es aber große Unterschiede. "Die Familien treffen sich jeden Abend zu speziellen Rosenkränzen und Gebeten. Das ist ein Symbol für die Gemeinschaft, was mir sehr gut gefällt." Auch würden die Messen in Indien wesentlich länger dauern. In Deutschland sei ihm aufgefallen, dass Eltern und erwachsene Kinder meist nicht zusammen wohnen. "Bei uns ist es üblich, dass die Eltern bis zu ihrem Tod bei dem jüngsten Sohn leben. So sind sie im Alter versorgt und nicht einsam." Die nächste Station seines Aufenthaltes in Deutschland ist Waiblingen bei Stuttgart, bevor es am 5. September zurück nach Rom geht. "Bis dahin will ich die Chance noch nutzen, die deutsche Kultur besser kennen zu lernen." Außerdem will er mindestens noch einmal etwas Gutes kochen.

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