Hilfe, die ankommt

MEHRING. Jedes Jahr im Sommer ermöglicht der Verein Tschernobyl-Hilfe Erbeskopf Kindern aus Weißrussland einen Erholungsaufenthalt in der Region Trier. Als Folge der anhaltenden radioaktiven Verseuchung ihrer Heimat durch das Reaktorunglück von 1986 haben die Kinder mit einem angegriffenen Immunsystem zu kämpfen.

Gegenwärtig halten sich 65 Kinder im Alter von sieben bis 15 Jahren in Gastfamilien an der Mosel, im Hunsrück und in der Eifel auf. Sechs Betreuungspersonen stehen als Ansprechpartner und Dolmetscher zur Verfügung. Zum Austausch von Familien und Kindern untereinander wird einmal wöchentlich ein Treffen organisiert. Diesmal ist es ein bunter Grill- und Spielenachmittag in Mehring, unterstützt von den Angelfreunden und der Ortsgemeinde, die den Platz kostenlos zur Verfügung gestellt hat. Dorthin ist auch Familie Krzensk aus Morbach gekommen, die den zehnjährigen Anatol umsorgt. Mit leuchtenden Augen erzählt Gastmutter Francine: "Ich habe Anatol richtig lieb gewonnen. Mir wird komisch, wenn ich denke, dass er bald wieder weg muss. Nächstes Jahr laden wir zwei Kinder ein. Ich hoffe, dass er dann wieder dabei ist." Mit Händen und Füßen, unterstützt von einem kleinen Wörterbuch und russisch sprechenden Nachbarn, verständigen sich die Familie und ihr Gastkind. "Beim Nachsprechen haben wir allerdings manchmal Knoten in der Zunge", lacht Francine Krzensk. Ihr Sohn Julian (11) ist verblüfft, wie sehr sich Anatol über ganz kleine Dinge freuen kann: eine Muschel oder ein Spielzeugauto etwa. Gefragt, warum sie ein Tschernobyl-Kind aufnehmen wollten, sagt Vater Marcus Krzensk: "Auf diesem Weg kann man direkt helfen. Bei Spenden weiß man nie, ob sie ankommen." Diese Bedenken kennt Manfred Bungert, der Vorsitzende des Vereins Tschernobyl-Hilfe Erbeskopf. Denn schließlich entwickelten er und andere Privatleute daraus 1989 in Dhronecken die Initiative, selbst Hilfstransporte nach Weißrussland zu bringen. 1995 ging sie in den gemeinnützigen Verein über, der sich gezielt für die Orte Rubel und Hotomel in der Region Stolin engagiert. "Aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Benefizaktionen und sogar Bußgeldern, die uns zur Verfügung gestellt werden, versuchen wir, einen Jahresetat von 10 000 Euro zusammen zu tragen. Davon werden die Reisen der Gastkinder und Hilfslieferungen finanziert. Unser Engagement ist ehrenamtlich, und es fallen weder Verwaltungskosten noch Gebühren an", erklärt Bungert. Für die Gasteltern hat der Verein eine Broschüre mit Informationen herausgegeben. Darin wird ein vernünftiger Rahmen bezüglich des Engagements für die Gäste und der Häufigkeit der Einladungen empfohlen, um kein übermäßiges Anspruchsdenken zu wecken. Die Kinder sind glücklich über die Aufmerksamkeit, die sie erfahren. Betreuerin Oksana übersetzt, was Svetlana (12) so gut gefällt: "Hier ist alles so sauber, die Eltern nehmen sich viel Zeit. Ich bekomme Obst zu essen und kann ins Schwimmbad gehen." Wer den Verein unterstützen oder Gastkinder aufnehmen möchte, kann unter 06504/99050 und www.tschernobyl-hilfe.de Kontakt aufnehmen.

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