"Ich habe keinen Grund, mich zu schämen"

TRIER. Welchen Nebentätigkeiten gehen kommunale Spitzenpolitiker nach und wie viel Geld bekommen sie dafür? Landrat Richard Groß spricht offen über seine Nebeneinkünfte. Der Chef der Kreisverwaltung verdient nach Tarif 94 000 Euro pro Jahr. Die Arbeit für Zweckverbände, Beiräte und andere Gremien bringt weitere 24 500 Euro.

"Meistens weiß ich gar nicht, wie viel ich verdiene", sagt Richard Groß, der Ende 2005 mit 65 nach 22 Dienstjahren als Landrat in den Ruhestand treten wird. Die Liste seiner Nebentätigkeiten ist in der Tat so lang, dass ein gelegentlicher Verlust des Überblicks verständlich wäre. Dort stehen 28 Gremien, für die der Landrat aktiv ist. Bezahlt wird er allerdings nur von acht. "Die Satzungen mancher Gremien machen den Landrat automatisch zum Vorsitzenden", erläutert Groß. "Man wird in solchen Fällen nicht gewählt." Aktivitäten dieser Art bedeuten viel Arbeit, aber kein Geld. Zahlreiche Ehrenämter

"Oft gibt es dafür keine besondere Aufwandsentschädigung, und wenn es doch eine geben sollte, fließt sie in die Kreiskasse." Zu diesen Gremien gehören unter anderem der Verein Erholungsgebiet Hochwald, der Naturpark Saar-Hunsrück e. V., der Landesfilmdienst, Euregio, die Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz und der DRK-Kreisverband. "Die Sitzungsgelder summieren sich auf maximal 250 Euro im Jahr", erklärt der Landrat. Wesentlich lukrativer sind die Einnahmen aus öffentlichen Ehrenämtern. Der Vorsitz im Verwaltungsrat der Sparkasse Trier bringt jährlich 3600 Euro. Dazu kommen die Zweckverbände Abfallwirtschaft im Raum Trier (3000 Euro), Wirtschaftsförderung im Trierer Tal (1500 Euro), Verkehrsverbund der Region Trier (1200 Euro), Regionale Abfallwirtschaft (2400 Euro) Schienen-Personennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord (5700 Euro) und Gusterath-Tal (240 Euro). "Das ist eine Reihe von Tätigkeiten, für die ich aufwandsgemäß vergütet werde", äußert sich Groß. "Mit Sicherheit ist der Betrag, der dabei herauskommt, nicht zu vernachlässigen, aber das alles bedeutet auch jede Menge Arbeit." Und besonders arbeitsintensive Pannen kann es immer geben, wie die Insolvenz des Müllentsorgers Herhof zeigt. Als Vorsitzender von gleich zwei Zweckverbänden im Bereich Abfallwirtschaft sitzt der Landrat in der ersten Reihe, wenn nach Alternativen und neuen Lösungsmöglichkeiten gesucht wird.Den Urlaub zur Hälfte verfallen lassen

Den größten Posten in der Liste seiner Nebentätigkeiten listet Richard Groß als "Einnahmen aus einer Nebentätigkeit im privaten Bereich" auf: Der Regionalbeirat RWE bringt 6850 Euro im Jahr. "Ich war in früheren Jahren auch Mitglied im Aufsichtsrat der RWE Energie AG", ergänzt der Landrat. "Natürlich ist die Frage berechtigt, welche Leistung für eine derart hohe Summe erbracht wird. Ich habe damals einer Verlagerung der Netzdirektion entgegen gewirkt und dadurch mit dazu beigetragen, dass es RWE in Trier noch gibt." Die Liste der Einkünfte ist damit zu Ende, die Liste der Nebentätigkeiten jedoch noch nicht. Trierer Hafengesellschaft, Moselland-Touristik, Initiative Region Trier, Flugplatz Bitburg, Agentur für Arbeit Trier - im Aufsichtsrat oder Verwaltungsausschuss dieser und weiterer Gremien sitzt Landrat Groß ebenfalls. "Ich arbeite im Schnitt 80 Stunden pro Woche und habe den mir zustehenden Urlaub bisher immer mindestens zur Hälfte verfallen lassen", sagt der Chef der Kreisverwaltung. "Ich habe keinen Grund, mich dafür zu schämen, dass ich für die von mir geleistete Arbeit bezahlt werde."

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