Im Detail besser als das Original

TRIER/IGEL. Zeichen der Ermüdung zeigte der inzwischen 97 Jahre alte Abguss der Igeler Säule, der im Hof des Rheinischen Landesmuseums Trier zu bewundern ist. Nun wird die original große Kopie so hergerichtet, dass sie für Museumsbesucher keine Gefahr darstellt.

Das Original der Säule steht an der Hauptstraße in Igel und hat dem kleinen Obermoselort einen hohen Bekanntheitsgrad verschafft. Es handelt sich um einen 23 Meter hohen, architektonisch gegliederten römischen Grabpfeiler, den die reiche Tuchhändlerfamilie der Sekundinier zu Beginn des 3. Jahrhunderts an der damaligen römischen Fernstraße erbaute. Vom Sockel bis an die Spitze bedecken Reliefs das Bauwerk - sie zeigen Szenen aus dem Alltag der Händlerfamilie. Kopie zeigt den Zustand von 1908

Schon 1908 wurde ein orginalgetreuer Abguss des antiken Relikts angefertigt und im Innenhof des 1888 fertiggestellten Provinzialmuseums (heute Landesmuseum) errichtet. In der Rückschau war dies ein weiser Entschluss: Die Kopie im Museumshof überdauerte nach Expertenmeinung die vergangenen 97 Jahre besser als das Original in Igel. Ihre Reliefabgüsse zeigen noch den Ist-Zustands des Originals zur Jahrhundertwende. Doch auch an den Gipsabgüssen der "Zweitausführung" hat der Zahn der Zeit genagt. Eine erste Überarbeitung in den 80er-Jahren, bei der die Kopie auch nach römischem Vorbild koloriert wurde, konnte diese Entwicklung nur verlangsamen. Die erforderliche Grundsanierung benötigt jedoch Zeit - zu viel Zeit, um das Werk bis zur Konstantin-Ausstellung im Jahre 2007 vollenden zu können. Da aber dann der bisher verwaiste Museumsinnenhof ins Geschehen einbezogen und dem Publikum geöffnet werden soll, muss wenigstens die von der Säule ausgehende Steinschlagsgefahr gebannt werden. An den Sicherungsmaßnahmen sind Wissenschaftler und Baufachleute gleichermaßen beteiligt. Die Federführung haben der Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) Trier (ehemals Staatsbauamt Nord) und das Landesamt für Denkmalpflege in Mainz. Zur Vorbereitung wurde das eingerüstete Objekt im August vom Sockel bis zur Spitze von den Landesamt-Mitarbeitern Michael Schardt und Stefan Bak fotografisch erfasst. Dabei entstand eine Dokumentation, die insgesamt 258 Einzelaufnahmen im Hoch- und Querformat umfasst. Die Bilder geben den Zustand der Säule seitenweise als Übersichts- oder Einzelaufnahme wieder. In dieser Woche präsentierte Oberbaurat Wolf-Manfred Müller vom Landesamt die großformatige Dokumentation im Rheinischen Landesmuseum Trier. Im Beisein von Klaudia Ewerz vom Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) und Angelika Meyer vom Städtischen Denkmalpflegeamt überreichte er ein Exemplar an Karl-Josef Gilles, Oberkustos des Landesmuseums. Generalsanierung soll 2007 beginnen

Nach Angaben von Klaudia Ewerz soll nun der beauftragte Trierer Restaurator Thomas Lutgen mit den Sicherungsarbeiten am Objekt beginnen. Dabei werden in der Hauptsache lose Gipsplatten befestigt und poröse Fugen abgedichtet, um ein weiteres Eindringen von Nässe zu verhindern, was insbesondere bei Frost zu Schäden führt. Die Generalisierung soll 2007 nach der Konstantinausstellung in Angriff genommen werden. Übrigens: Die meisten römischen Bauwerke wurden in den frühchristlichen Jahrhunderten als "Steinbrüche" geplündert - doch der Grabpfeiler der Sekundinier überlebte die Zeit unbeschadet. Nach Auffassung der Historiker verdankte er das nur einem Irrtum: Man wollte auf einem der Reliefs eine fromme Szene mit Kaiser Konstantin erkannt haben - das nun "christliche" Bauwerk blieb vom Abbruch verschont. Der Verfall des Denkmals konnte durch umfangreiche Konservierungsmaßnahmen in den 80er Jahren gestoppt werden. Denkmalpfleger Müller: "Trotz der starken Verkehrsbelastung in Igel ist die Säule nun sozusagen in trockenen Tüchern."

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