Im Zweifel für Geschichtsbewusstsein

KONZ. Militärische Traditionspflege wird mit wachsendem Alter der Beteiligten schwieriger. Geschichtsforschung stirbt dagegen nie aus. Darum hat sich jetzt eine "Arbeitsgemeinschaft Garnisonsgeschichte Trier" gegründet, die sich als Nachfolgerin zweier Traditions-Vereine versteht. Karl Wand war als prominenter Zeitzeuge dabei.

Auch alte Kameraden werden mal älter. Darum ist es nicht nur politisch klug, sondern existenznotwendig, wenn sich die militärische Traditionspflege mit der Zeit neu definiert. Für den Bereich Trier hat sich jetzt im Roscheider Hof Konz eine neue Vereinigung gegründet. Sie heißt "Arbeitsgemeinschaft Garnisonsgeschichte Trier" und versteht sich als Nachfolgerin zweier Traditions-Vereine - der "Traditions-Gemeinschaft 72. Infanterie-Division Trier e.V." und der "Regimentskameradschaft der Infanterie-Regimenter 105/124 Trier". Die neue Arbeitsgemeinschaft soll, so ihr Vorsitzender Horst Schuh, die Traditionspflege durch historische Forschung ablösen. Deswegen wurde der Themenkreis auf die Trierer Militärgeschichte vom Beginn der Preußenzeit 1814 bis hin zur Bundeswehr erweitert. Die preußische Militärpräsenz in Trier vor allem im 19. Jahrhundert ist in der Tat ein komplexer Gegenstand für historische Forschungen. Neben den enormen Spannungen, die sich aus der unterschiedlichen Konfession und der unterschiedlichen Mentalität von Garnison und Bevölkerung ergaben, hatte sie auch positive Aspekte für die Entwicklung der Stadt. Selbstverständlich ist auch die gegenseitige Unterstützung der Kameraden und die Hilfe für Angehörige ein weiterer Teil der Satzung. Trotzdem: Der Schwerpunkt verlagert sich von den persönlichen Erinnerungen zu einer wissenschaftlichen Beschäftigung mit einem Stück Trierer Lokalgeschichte. Im Roscheider Hof wird dazu sogar ein eigener Raum eingerichtet und von der Arbeitsgemeinschaft unterhalten. Der ist für Besucher zugänglich, allerdings erst nach Anmeldung bei der Museumsleitung.Diplomat bringt seine Erinnerungen ein

Mit am Tisch sitzt Karl Wand, Jahrgang 1920. Der promovierte Historiker, spätere enge Mitarbeiter von Konrad Adenauer und hoch angesehene Diplomat wurde 1939 zur Trierer Division eingezogen und machte den Krieg unter anderem in Griechenland und Russland mit - und in Paris, wo er auf Befehl der Verschwörer vom 20. Juli 1944 die SS-Schergen mit verhaftete. Seine Erinnerungen hat er aufgeschrieben. "Zwei Brüder im Hitlerkrieg" heißt das Buch, das zugleich Wands Bruder ein Denkmal setzt - Ernst Wand fiel am 24. April 1942 in Russland. Für Karl Wand gibt es aus all dem nur einen Schluss: eine Gesellschaft zu formieren und notfalls zu verteidigen, die sich selber bestimmt und nicht dem falschen Messias hinterher läuft.Traditionsbewusst, aber politisch unabhängig

Militärische Traditionspflege und militärisches Geschichtsbewusstsein haben einen politischen Beigeschmack. Davon will Horst Schuh nichts wissen. Die Satzung schreibt in der Tat parteipolitische Unabhängigkeit vor. Und immerhin, so Schuh, habe man in der Rubrik "Zwecke und Aufgaben" ausdrücklich die Pflege der deutsch-französischen Freundschaft aufgenommen. So findet das alljährliche Treffen mit dem 9. Regiment der marokkanischen Zouaven und mit Vertretern der vier in der "Amitié Franco-Allemande" zusammengeschlossenen Gemeinden weiterhin statt. So befasst sich die neu gegründete Arbeitsgemeinschaft zwar mit der Vergangenheit, orientiert sich aber selber an der europäischen Zukunft. Kontakt: Walter Schrage, Franz-Ludwig-Str. 27, 54290 Trier, Telefon 0651/ 73992. Das Buch "Zwei Brüder im Hitlerkrieg" von Karl Wand ist im SMI-Verlag Stockholm erschienen und für 19,50 Euro im Buchhandel erhältlich.

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