Immer mehr Lese-Ratten in Saarburg

SAARBURG. Fünf Wochen war die Stadtbücherei Saarburg wegen dringend notwendiger Renovierungsarbeiten geschlossen. Nach dem Andrang zu urteilen, der bei der Wiedereröffnung am Dienstagnachmittag herrschte, haben die jüngeren und älteren Lese-Ratten ihre Ausleihstelle sehr vermisst.

 Zur Wiedereröffnung der Stadtbücherei verteilt Leiterin Gudrun Lüdecke T-Shirts an die Kinder (von links) Inga Molitor, Cäcilia Schneider, Michael Schneider und Johannes Schneider. TV-Foto: Susanne Windfuhr

Zur Wiedereröffnung der Stadtbücherei verteilt Leiterin Gudrun Lüdecke T-Shirts an die Kinder (von links) Inga Molitor, Cäcilia Schneider, Michael Schneider und Johannes Schneider. TV-Foto: Susanne Windfuhr

"Ich hoffe, sie kommen nicht alle auf einmal." Dieser Wunsch Gudrun Lüdeckes blieb ein frommer. Als die Leiterin der Saarburger Stadtbücherei am Dienstagnachmittag um Punkt 15 Uhr die Tür aufschloss, bildete sich im Handumdrehen eine Schlange vor dem Ausleihtisch - darauf ein blitzschnell anwachsender Berg zurückgegebener Bücher. Seit Weihnachten hatten die Lese-Ratten auf ihre Ausleihstelle verzichten müssen. Dringend notwendige Renovierungsarbeiten sind in diesem Zeitraum erledigt worden. "Im Grunde waren das alles Kleinigkeiten, die nicht so schrecklich teuer waren, aber gemacht werden mussten und unter dem Strich eine ganze Menge bringen."Neue Regale, neuer Inhalt

So hat die seit Jahrzehnten im Rathausgebäude an der Graf-Siegfried-Straße untergebrachte Stadtbücherei einen neuen Anstrich erhalten, und eine feuchte, schimmelige Ecke wurde behandelt. Die Kinderbuch-Regale wurden mit Rückwänden versehen, und alle Regale haben Rollen bekommen - "was uns beispielsweise bei Lesungen wesentlich flexibler agieren lässt", wie Gudrun Lüdecke erläutert. Darüber hinaus hat die Diplom-Pädagogin, die sich über Weiterbildungen und Seminare im Büchereiwesen über die Jahre fit gemacht hat, "ordentlich ausgemistet". 600 Bücher sind aus dem Bestand "herausgeflogen", 250 neu hinzugekommen. "Ich habe jedes einzelne Buch in die Hand genommen und geguckt, ob das noch für die Bücherei taugt." "Zerlesen und einfach kaputt" sei ein Teil des aussortierten Bestandes gewesen. "Viele Bücher waren schlichtweg nicht mehr aktuell, fielen jedoch auch nicht unter die Klassiker, die man unbedingt führen sollte." So mussten beispielsweise die Herren Konsalik und Simmel "das Feld räumen". Auch eine Reihe veralteter Computerbücher und einige in die Jahre gekommene Erziehungsratgeber hat Lüdecke entsorgt. Unter den neu angeschafften Büchern sei ein Großteil an Kinder- und Jugendliteratur. "Wir haben Angebote für jedes Alter und die Bücher nach Lesefähigkeit sortiert", sagt die Leiterin. Bei den Jungen seien Piraten- und Abenteuerbücher die Renner, "Indianerbücher kommen wieder". Mädchen fragten vor allem nach Serien wie "Freche Mädchen, freche Bücher" und nach Feen-Büchern. "Bei Jugendlichen sind nach wie vor Gruselbücher und Fantasy-Romane gefragt, jugendliche Mädchen lesen gerne Bücher etwa aus der ,Hautnah-Serie', die sich mit Problem-Themen beschäftigen." "Ich bin geneigt, anszuschaffen, was unsere Leser gerne mögen. Aber ab und zu mische ich auch etwas mit mehr Niveau darunter", sagt Lüdecke. Gleichwohl gibt sie Eltern den Tipp: "Eltern müssen sich keine Sorgen machen, dass ihre Kinder nur Schund lesen. Auch wenn sie vorzugsweise Comics lesen, rate ich immer dazu, den Kindern das nicht zu verbieten." Wenn die Kinder erst einmal den Geschmack am Lesen entdeckt hätten, sei die Chance groß, dass sie in späteren Jahren auch zu anderer Literatur greifen. Dass in Saarburg zu wenige Menschen Lust auf Bücher haben, kann Gudrun Lüdecke jedenfalls nicht feststellen - im Gegenteil: "Als ich die Leitung vor acht Jahren übernommen habe, war ich froh, wenn pro Öffnungstag 30 Bücher ausgeliehen wurden. Heute sind es 300." 2005 sei jedes Erwachsenen-Buch im Schnitt drei Mal, jedes Kinderbuch sechs Mal ausgeliehen worden.Mehr Bücher bringen mehr interessierte Leser

Diese positive Entwicklung schreibt sie eindeutig zwei Faktoren zu: "Ein größerer Etat bedeutet mehr Bücher und bringt mehr interessierte Leser." Durfte Lüdecke vor acht Jahren 1000 Mark im Jahr ausgeben, ist der Etat für Bücher (inklusive DVDs, Hörbücher und anderes) auf 6500 Euro angehoben worden. Darüber hinaus wird die Leiterin nicht müde, Werbung für "ihre" Einrichtung und deren Medien zu machen. So ist sie regelmäßig zu Gast in Schulen und Kindergärten, wo sie den Kindern Bücher vorstellt und Eltern in puncto altersgerechte Lektüre berät. Auch Lesungen in der Bücherei und andernorts gehören zur "Lüdeckeschen Aufklärungsarbeit". Ihre Bemühungen bleiben nicht unbelohnt: "Die Bücherei in Saarburg ist eine feste Institution für ganz viele Familien. Die Frauen kommen hierher mit ihren Kindern, und im vergangenen Jahr habe ich acht Babys mitbekommen, die jetzt auch bei den Besuchen mitgebracht werden." Die Stadtbücherei ist dienstags und donnerstags von 15 bis 18 Uhr geöffnet. Leser bekommen einen Ausweis und können alle Medien kostenfrei ausleihen.

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