In Sorge um die Seelsorge

MEHRING/KLÜSSERATH/ DETZEM. Der Rückgang an Gläubigen, Priestern und Kirchensteuergeldern macht dem Bistum Trier schwer zu schaffen. Mit dem "Projekt 2020" soll das ganze Bistum reformiert werden. Die bisherigen Seelsorgeeinheiten Mehring-Ensch-Pölich und Klüsserath-Leiwen-Detzem-Köwerich-Thörnich sollen zusammengelegt werden.

 Noch finden in der Thörnicher Pfarrkirche regelmäßige Gottesdienste statt. Doch die Strukturpläne des Bistums verheißen für die Zukunft der kleinen Pfarrei nichts Gutes. Foto: Michael Merten

Noch finden in der Thörnicher Pfarrkirche regelmäßige Gottesdienste statt. Doch die Strukturpläne des Bistums verheißen für die Zukunft der kleinen Pfarrei nichts Gutes. Foto: Michael Merten

Es ist 20 Uhr, und im alten Detzemer Pfarrhaus versammelt sich der Pfarrgemeinderat. Viele angenehme Themen stehen auf der Tagesordnung: So sollen ein Bibelabend, ein Familiengottesdienst, der Tag des Ewigen Gebetes und die anstehenden Firmungen geplant und durchgeführt werden. Doch es ist keine Sitzung wie jede andere: Auf der Tagesordnung steht das "Projekt 2020", ein von Bischof Reinhard Marx gestartetes Reformvorhaben, das große Auswirkungen mit sich bringen wird. Ziel ist die Straffung der kirchlichen Strukturen angesichts dramatisch sinkender Kirchenbindung. So ist etwa die Zahl der Gottesdienstbesucher im Bistum Trier von 512 876 im Jahr 1984 drastisch auf 220 749 im Jahr 2004 zurückgegangen. Priester werden immer mehr zur Mangelware: Statt wie heute 487 Bistumspriester wird es nach Prognosen 2020 nur noch 180 geben. Angesichts dieser düsteren Aussichten sind Reformen, das heißt drastische Einsparungen, unumgänglich. Ärger mit den Pfarrgemeinderäten

Bereits im Oktober 2005 wurden die Pastöre und Pfarrvertreter des Dekanates Schweich-Welschbillig bei einer Versammlung über das Projekt informiert. Damals wurde klargestellt, dass die Zahl von derzeit 30 Pfarreien des Dekanats, die von zehn Pfarrern in elf Pfarreiengemeinschaften geleitet werden, abnehmen werde. Konkrete Pläne waren damals nicht bekannt. Um die Vertreter der einzelnen Pfarreien nicht zu überrennen, wurde ihnen zugesichert, dass sie bis zum Juli 2006 ihre Wünsche zur künftigen Umgestaltung der Strukturen äußern dürfen. Tatsächlich wurden im März 2006 Fragebögen an die Pfarrgemeinderäte verteilt. Doch was nicht nur im Detzemer Pfarrgemeinderat für Unruhe sorgt, ist der Umstand, dass bereits viele Fakten geschaffen worden sind, ohne die Anregungen der Pfarrvertreter abzuwarten. So wurde vom Bistum vorgegeben, dass das Dekanat künftig mit wahrscheinlich fünf "pastoralen Räumen" (Einheiten unter einem Priester) auskommen müsse. Mit diesen Zahlen wurden drei Strukturmodelle erarbeitet. Alle drei Modelle sehen vor, dass die bisherigen Seelsorgeeinheiten Leiwen-Klüsserath-Detzem-Köwerich-Thörnich und Mehring-Ensch-Pölich (einschließlich Longen, Lörsch und Schleich), das sind 6200 Gläubige, unter einem Priester zusammengelegt werden. "Wir sind in diese Planungen nicht einbezogen worden", klagt ein Mitglied des Pfarrgemeinderats: "Die überfahren uns doch, und die meisten Gläubigen haben es noch nicht gerafft." Den meisten Laien ist klar, dass sie um die "Fusion" nicht herumkommen werden. Die letzte Entscheidung darüber hat der Bischof, der 2007 den Strukturplan in Kraft setzen will. "Das heißt, dass die Zusammenlegung irgendwann zwischen 2007 und 2020 kommen wird", erklärt Dekanatsreferentin Beate Barg vom Schweicher Dekanatsbüro. Offen ist jedoch noch die Frage, ob die bisher acht Pfarreien eigenständig bleiben oder zu einer zusammengelegt werden. Diese auch vermögenstechnisch relevante Frage kann lokal entschieden werden. Schon ab 2008 könnten dann statt bisher zwei Pastören, einer Pastoralreferentin, zwei Halbtags-Gemeindereferenten und einem Diakon in Ausbildung nur noch ein Pastor und ein Pastoral- oder Gemeindereferent tätig sein.Nur noch alle zwei Wochen eine Messe

Was die Reformpläne bedeuten, zeigt das Beispiel Thörnich: Die kleinste Pfarrei der Seelsorgeeinheit mit 160 Gläubigen hatte bis zum Jahr 2000 noch jeden Freitag und Sonntag eine Messe. Jetzt findet alle 14 Tage eine Messe statt. Die Aussichten sind alles andere als rosig. Sakramentenspendungen, Prozessionen, Andachten, Bettage - alles, was das kirchliche Leben vor Ort prägt, ist aus Sicht der Pastoralreferentin Annemarie Dienhart in Gefahr: "Wenn das nicht mit Leben ausgefüllt bleibt, stirbt es ab. Ich fürchte, dass wir bald weniger nah am Menschen sein werden." Dechant Berthold Fochs sieht in den Veränderungen auch Chancen: "Wir müssen einen Aufbruch schaffen, der viel stärker als bisher auch die ehrenamtlich engagierten Laien miteinbezieht."

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