Kein Freund von roten Karten

GUTWEILER. Am Landgericht Trier wurde nun der kürzlich pensionierte Justizbeamte Siegfried Kinzig (65) für 50 Jahre Tätigkeit im Öffentlichen Dienst ausgezeichnet. Doch außerhalb des Berufslebens existiert noch ein zweiter Siegfried Kinzig: Einer, der nicht vor der ehrenamtlichen Verantwortung zurückscheut.

Seit 1974 lebt der gebürtige Olewiger Siegfried Kinzig in Gutweiler, dem Heimatort seiner Ehefrau Lydia. Der Blick vom Wohnzimmer im Haus an der Romikastraße geht weit hinunter ins Ruwertal. Die Liebe zum Fußball und - so merkwürdig es zunächst klingen mag - die Folgen einer Alkoholerkrankung - prägten Kinzigs ehrenamtliches Schaffen. Hinzu kommt seit über zehn Jahren ein kommunalpolitisches Engagement. Aus Spaß am harten Spiel mit dem runden Leder trat der 17-Jährige im Jahr 1950 als Jugendspieler in den SV Olewig ein. Schnell beschränkte sich dort sein Engagement nicht auf den Spielbetrieb. Kinzig saß bald im Vorstand und wurde Mitinitiator des heute noch stattfindenden Trierer Oberbürgermeisterpokals. Kinzig: "Als der SV Olewig 1960 einen Schiedsrichter suchte, hat man mich gefragt - ich war dabei." Der Ex-Schiri rechnet zusammen: Rund 1000 Spiele hat er in seiner Sportlerkarriere gepfiffen. "Es gibt immer wieder Fälle, wo man einen Unverbesserlichen vom Platz stellen muss", sagt Kinzig, aber er sei immer bemüht gewesen, gegen beide "Parteien" gerecht und neutral anzutreten. Kinzig: "Ich kam mit allen gut aus, auch mit den Trainern. Rote Karten habe ich nur selten gebraucht." Und was aggressive Verbalattacken des Publikums gegen den "schwarzen Mann" anbelangt, da hat er ein Rezept für seine Nachfolger parat: "Diese Leute sind doch emotionsgeladen. Da muss man auch weghören können. Ohne Gegenreaktion hört das schnell von selbst auf." Mit 60 hat Kinizig auf dem Platz aufgehört. Seit 1998 sitzt er in der Spruchkammer des Fußballkreises Trier-Saarburg. Dort ist alle zwei Wochen ein Dreier-Gremium bemüht, die Fussballdramen auszubügeln, die auf dem Feld für Furore sorgten: Sperrungen und Spielabbrüche oder die Entscheidung über Wiederholungen. Den Schiedrichterskandal in der Bundesliga bezeichnet Kinzig als "schlimme Einzelfälle" und als "Frechheit gegen alle Kollegen, die an jedem Wochenende auf dem Platz sauber ihre Arbeit machen". Kinzig: "Das sind nur sehr wenige in der Masse der Schiedsrichter - aber die fallen um so mehr auf. Da muss hart durchgegriffen werden." Trotz aller Nähe zum Fußball verschweigt Kinzig nicht, dass er seit rund 20 Jahren ein "trockener Alkoholiker" ist. Und genau dieses Problem brachte ihn 1984 zum Kreuzbund, der kirchlich getragenen Selbsthilfe- und Helfergemeinschaft für Suchtkranke. Doch er blieb nicht lange einfaches Mitglied. "Die haben mir sehr geholfen, da wollte ich denen auch helfen", erklärt er sein ehrenamtliches Engagement im Kreuzbund. Inzwischen ist er Geschäftsführer des Diözesanverbands Trier. Er wurde Mitglied in verschiedenen Gremien und Ausschüssen des Bundesverbands und bei Gremien der Caritas. Außerdem ist er Redaktionsmitglied der Kreuzbund-Verbandszeitschrift "Weggefährte". Inzwischen nimmt der Kreuzbund noch mehr seiner Zeit in Anspruch, denn seit 2004 ist er zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden aufgerückt. "Da geht nun ganz schön Zeit drauf. Zweimal die Woche in unserer regionalen Geschäftsstelle in Olewig, und dann ständig zu Versammlungen unterwegs", sagt Kinzig. Versammlungen besucht er regelmäßig in einem weiteren Gremium: dem Ortsgemeinderat Gutweiler, dem er seit 1994 als Mitglied der CDU-Fraktion angehört. Kinzig: "Als ich von der CDU gefragt wurde, ob ich im Rat mitmachen wolle, hab ich ja gesagt. Ich hätte mich auch für jede andere Partei dort engagiert. Das spielt für mich keine Rolle. Hauptsache, man bringt sich verantwortlich ein in das Gemeinwesen ein, in dem man lebt." Damit ist es für den Vater von vier erwachsenen Kindern aber genug. "Manche überfrachten sich mit zehn Ehrenämtern und mehr, bis sie am Ende keines mehr richtig ausfüllen können. Das passiert mir nicht", sagt Kinzig.

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