Kein Ort für eingefleischte Städter

LANGSUR-GREWENICH. Das Dorf Grewenich liegt nahe an Trier und Luxemburg - dies verrät der Blick auf die Landkarte. Doch diese Nähe zu den Zentren wirkt sich auf den Ort nicht aus - es herrscht ländliche Abgeschiedenheit.

 Leere mitten an einem Werktag: Wer die Betriebsamkeit liebt, sollte Grewenich meiden.Foto: Friedhelm Knopp

Leere mitten an einem Werktag: Wer die Betriebsamkeit liebt, sollte Grewenich meiden.Foto: Friedhelm Knopp

Wer über die B 418 durch das Sauertal braust, wird das Dorf auf der Höhe nicht bemerken - es sei denn, er sucht bewusst danach. Gleich hinter Mesenich auf den Hinweis nach Grewenich achten, dann runter von der Bundesstraße und weiter auf einem schmalen Sträßchen, das eher einem Wirtschaftsweg gleicht. Einen gewaltigen Kontrast bietet die A-64-Brücke, die sich über das Sauertal streckt. Zwischen Weinbergen und Streuobstwiesen führt die kleine Straße auf die Höhe. Eine letzte Kuppe, dann kommt Grewenich in Sicht: eine Versammlung von Hausdächern zwischen zahllosen Baumkronen.Altersdurchschnitt unter 50 Jahren

Als der Besucher den menschenleeren Ortskern erreicht und den Motor des Wagens abgestellt hat, bricht Stille herein. Nur ein Hund bellt irgendwo. Der Schäferhundmischling bewacht das Anwesen von Ortsvorsteher Helmut Neises, Landwirt und Obstbrenner. "Wir sind nur ein kleiner Ortsteil von Langsur. Viel zu berichten gibt es über Grewenich nicht", hatte Neises schon vorher am Telefon gewarnt. Ist dies eines jener aussterbenden Dörfer mit stetig steigendem Altersdurchschnitt? Nein, das Gegenteil sei der Fall, so die Antwort. "1974 hatten wir gerade mal 80 Einwohner, heute sind es immerhin 115 und der Altersdurchschnitt liegt unter 50 Jahren", erklärt der Ortsvorsteher. Ursache dafür ist laut Neises die veränderte Dorfstruktur: Nur noch drei Landwirtschaftsbetriebe gibt es, aber viele vermietete Wohnungen, die vorwiegend von Luxemburg-Pendlern bezogen wurden. "Die Leute arbeiten im Nachbarland und wohnen auf deutscher Seite, weil die Mieten hier erheblich unter dem Luxemburger Niveau liegen", erklärt Neises. Hinzu komme das preiswerte Bauland. Wer gerne im ländlichen Idyll und frei von städtischer Hektik wohnen will, muss auch Abstriche machen - von Infrastruktur kann in Grewenich keine Rede sein. Ohne Auto steht der Mensch hier arm da: Dreimal täglich kommt ein Bus - morgens, mittags und abends. Es gibt kein Geschäft, keine Post und keine Bank. Die Kinder werden per Bus nach Langsur zum Kindergarten und zur Grundschule gebracht. Die "zuständige" Hauptschule steht in Trier-Zewen. Bei Unterrichtsstunden außerhalb der Busfahrzeiten müssen die Eltern den PKW nutzen. Die ehemals zwei Gaststätten sind seit vielen Jahren geschlossen. Der einzige Verein ist die Freiwillige Feuerwehr. Neises: "Als die letzte Gaststätte schloss, haben wir auf Betreiben von Ortsbürgermeister Karl Heinrich Orth 1987 unser Bürgerhaus bauen können. Zum Glück war damals noch Geld für solche Projekte da." Thema "Geld und Kommunalhaushalt": Über einen eigenen Etat verfügt Grewenich nicht mehr, seit es Teil der 1974 gebildeten Großgemeinde Langsur ist. Diese Großgemeinden sind eine Besonderheit der Verbandsgemeinde Trier-Land - es ging bei ihrer Bildung um bessere Schlüsselzuweisungen. Froh darüber ist in Grewenich und anderen eingemeindeten Dörfern niemand. Größere Projekt lassen sich nur noch mit dem Segen des Ortsgemeinderates verwirklichen - in dem sitzen jedoch auch die Interessenvertreter der anderen Ortsteile - und Grewenich ist dort mit nur einer Stimme vertreten. Doch die Zusammenarbeit mit Ortsbürgermeister Orth sei gut, betont Neises, allerdings könne man auch nicht "dauernd mit neuen Wünschen kommen", denn die anderen Ortsteile hätten auch Anspruch auf Zuweisungen. Größtes Projekt ist derzeit die Kanalisierung. Der Kanalbau wühlt nicht nur den Erdboden auf, sondern da und dort auch die Gemüter der Anwohner. Neises: "Die Kanalisierung ist Sache der Verbandsgemeindewerke. Wir sind froh, dass dieses Projekt in Angriff genommen wird. Wenn nicht die Beiträge wären: Auf die Anlieger kommt einiges zu - einzelne grummeln schon heute." Ganz so ruhig, wie in diesen Septembertagen wird es also in Grewenich nicht bleiben. Am Montag: Porträt des neuen Thörnicher Ortsbürgermeisters Hans-Peter Brixius.

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