Klappern gehört zum Handwerk

ZEMMER. Filigrane Kostbarkeiten zaubern die flinken Finger von Hildegard Hoett aus Zemmer. Seit nunmehr zwanzig Jahren klöppelt sie feinste Spitzen aus Leinen, Seide oder Baumwolle – und trägt als Kursleiterin dazu bei, dass das alte Kunsthandwerk nicht ausstirbt.

Auf einem Kunsthandwerkermarkt in Regensburg 1983 beobachtete Hildegard Hoett eine Spitzenklöpplerin, und es war um sie geschehen: "Mir war klar: Das musst Du auch lernen!" Doch erst zwei Jahre später fand sie am neuen Wohnort Leimen die Möglichkeit dazu: "Zwischen den Umzugskartons fiel mir ein VHS-Programm in die Hände. Ich las: ,Klöppelkurs‘ und ließ alles stehen und liegen."Venezianische Handarbeitskunst

Hildegard Hoett traf auf Gleichgesinnte, die genau wie sie von der venezianischen Handarbeitskunst aus dem 16. Jahrhundert fasziniert waren. "Wir beschäftigten uns intensiv damit, unter anderem auf Fahrten in berühmte Klöppelzentren." Damals, so erzählt Hoett, habe die fast ausgestorbene Technik einen Boom erlebt, sogar ein deutscher Klöppelverband wurde gegründet. Der versorgt seine Mitglieder unter anderem mit Klöppelbriefen, grafischen Arbeits-Vorlagen, die teils in einer Klöppel-Akademie im Erzgebirge entworfen werden. Hoett hat einen solchen Klöppelbrief auf einem Klöppelkissen festgesteckt. Die Stecknadeln sitzen auf den Schnittpunkten der aufgezeichneten Linien. Darum herum kreuzt und dreht sie feine Garnfäden, die auf Holzstäbchen (Klöppel) aufgespult sind. "Die Fäden werden auf diese Weise miteinander verflochten, ähnlich wie beim Weben. Es gibt ,Kettfäden‘, das Risspaar und ,Schussfäden‘, das Laufpaar. Je nach Spitzenbreite können es dreißig oder mehr Klöppelpaare sein", erklärt Hoett.Taditionell bis grafisch-modern

Wenn sie loslegt, wird dem Betrachter schwindlig. Atemberaubend schnell wechseln die Klöppel von links nach rechts und umgekehrt, ohne dass sich jemals Fäden verheddern. Dabei ist ein sanftes Klappergeräusch zu hören. "Das mache ich so nebenbei, beim Fernsehen", sagt sie und schmunzelt. "So ganz nebenbei" entstehen filigrane Wandbehänge, Deckchen oder Fensterbilder mit traditionellen bis grafisch-modernen Motiven. Zurzeit verziert Hoett Ostereier, allerdings mit einer anderen Technik, der Occhi-Spitze: "Die heißt in Frankreich Frivolité, weil es als frivol galt, dass Damen Muße hatten, so ein ,überflüssiges‘ Luxus-Produkt herzustellen." Sicher, im Zeitalter der maschinellen Fertigung sei Spitzenherstellung Luxus, aber gerade das Klöppeln sei wie eine Sucht: "Ich sehe was Schönes und muss es sofort ausprobieren - mit Leib und Seele, denn für mich gibt es nichts Edleres als echte Spitze", schwärmt die Hobbyklöpplerin.Seit 1989 Dozentin

Dazu kommt das Bewusstsein, ein altes Kulturgut zu bewahren: "Es wäre schade, wenn so eine Fertigkeit verloren ginge." Hoett stellt ihre Werke daher gelegentlich aus und gibt ihre Kenntnisse seit 1989 als VHS-Dozentin (aktuell in Schweich) weiter. Den Teilnehmern von weither vermittelt sie nicht nur Technik, sondern durch ihre begeisterten Erzählungen auch lebendige Kulturgeschichte. Klappern gehört eben zum Handwerk...

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