Kräfte neu verteilt

TRIER. Jede konstituierende Sitzung hat Ähnlichkeiten mit einer Siegerehrung. Deshalb konnte der eindeutige Sieger der Kreistagswahl Trier-Saarburg, die FWG, am Montag mit Humor und Selbstbewusstsein glänzen, während der Verlierer, die SPD, sich wie die deutsche Fußball-Nationalmannschaft beim Finale der Europameisterschaft gefühlt haben muss.

Doch die Hauptattraktion fiel aus: Die spannende Beigeordnetenwahl wird erst nach der Sommerpause stattfinden. Die Besucherränge im großen Sitzungssaal der Kreisverwaltung waren so voll wie selten. Viele wollten das erste Aufeinandertreffen der neu verteilten Kräfte im Kreistag miterleben. Sie wurden nicht enttäuscht. Traditionsgemäß eröffnete der Landrat die Serie der Stellungnahmen. Richard Groß (CDU) fasste sich kurz, ließ die Kommunalwahl vom 13. Juni als Einziger außen vor und präsentierte dem neuen Kreistag die Hausaufgaben der jungen Legislaturperiode. "Die vermutlich wichtigste Aufgabe ist der Umgang mit der demographischen Lücke", sagte Groß - ein Thema, das auch die meisten Fraktionssprecher später in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen stellten. Die Anzahl der im Landkreis lebenden Menschen sinkt, und diejenigen, die hier bleiben, werden im Schnitt immer älter. Attraktivität "in Sachen Wirtschaft, Arbeit, Ausbildung, Kultur, Einkommen, Wohnen und Umwelt" sei angesagt, um junge Menschen und insbesondere junge Familien von den Vorteilen eines Wohnsitzes im Landkreis zu überzeugen. Was bereits zentraler Bestandteil des aus 2001 stammenden, immer noch aktuellen Kreisentwicklungskonzepts ist, das durch die Demographiestudie vom Februar 2004 ergänzt wird. Die Fraktionssprecher hatten kein Interesse daran, auf die Vorteile einer subjektiven Analyse des Wahlausgangs zu verzichten. Deshalb galt der erste Satz von Rudolf Müller (CDU) dem arg gebeutelten politischen Konkurrenten. "Die SPD hat fünf Mandate verloren und schiebt die Schuld offenbar nach Berlin", sagte Müller. "Will man sich damit möglicherweise eine innerparteiliche Auseinandersetzung ersparen?"CDU will keine "Harmonieveranstaltung"

Und legte nach: "Wir sind sehr für ein kollegiales Miteinander, aber wir wollen keine Harmonieveranstaltung." Schließlich machte er noch klar, wo es in Zukunft im Kreistag lang gehen wird: "Wir streben durch eine Zusammenarbeit mit FWG und FDP eine klare Mehrheit als bürgerliche Mitte an." Eine zentrale Botschaft tauchte in mehreren Variationen in Alfons Maximinis Erklärung auf: "Wir werden nicht lockerlassen." Der SPD-Fraktionsvorsitzende erinnerte die CDU daran, dass sie einen Sitz verloren hat und sich deshalb kaum zu den eindeutigen Gewinnern zählen darf. Der zu erwartende Block aus CDU, FWG und FDP beschäftigte Maximini ebenfalls: "Die selbst ernannte bürgerliche Mehrheit hat zwei Drittel der Kreistagsmandate. Diese neue Qualität der Mehrheiten kann ohne die Opposition Geschäftsordnungs- und Satzungsänderungen vornehmen, was aber auch eine besondere Verantwortung im Umgang mit demokratischen Regeln mit sich bringt." Hugo Kohl hatte die Lacher und auch die Sympathien auf seiner Seite - was im Kreistag weder üblich noch selbstverständlich ist. Seine jetzt sieben Köpfe zählende FWG-Fraktion ist die Gewinnerin der Kommunalwahl. Aber: "Die Wahlergebnisse sind Schnee von gestern", sagte Kohl. "Wir haben viel Arbeit vor uns und sollten deshalb in Zukunft auch sachlicher und friedlicher miteinander umgehen." Heide von Schütz ist ein neues Gesicht im Kreistag und der Beweis dafür, dass Bündnis 90/Die Grünen den Fraktionsvorsitz nicht dogmatisch für altgediente Veteranen reserviert. "Ich freue mich auf ein kollegiales und, wenn es sein muss, kritisches Miteinander." Der letzte Platz auf der Redner-Liste gehörte Claus Piedmont - und das, obwohl seine FDP ebenfalls zu den Wahlsiegern zählt und nach zehn Jahren wieder in den Kreistag einziehen konnte. Doch seine Fraktion ist mit zwei Sitzen die kleinste. "Wir sind wieder da", sagte Piedmont, und erklärte auch gleich, warum das so ist. "Die Verluste der SPD sind so verteilt worden, dass wir auch etwas abgekriegt haben."

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