Krimi-Papst entspannt im Saarland

ORSCHOLZ. Er ist im Saarland, um den Kopf frei zu kriegen. Michael Preute, der unter dem Pseudonym Jacques Berndorf seine beliebten Eifel-Krimis schreibt, sammelt an der Saarschleife Kraft für neue Arbeiten.

 Möchte "einfach mal durchhängen": Michael Preute macht derzeit Urlaub im saarländischen Orscholz. Foto: Rolf Ruppenthal

Möchte "einfach mal durchhängen": Michael Preute macht derzeit Urlaub im saarländischen Orscholz. Foto: Rolf Ruppenthal

Der dichte Nebel baut sich wie eine undurchdringliche Wand auf, kriecht feucht durch die Kleider und lässt Äste zu knöcherigen Fingern werden . . . genau das richtige Ambiente für einen Krimiautoren im Urlaub. Möchte man meinen. Doch der Schriftsteller, dessen Eifel-Krimis Millionen von Lesern erreicht haben, hat sein Pseudonym Jacques Berndorf am Schreibtisch zurückgelassen und mit seinem bürgerlichen Namen Michael Preute im Gesundheits-Zentrum Saarschleife in Orscholz eingecheckt. Damit hat er nicht nur sein berühmtes Alter Ego für eine Woche abgelegt, sondern auch die Arbeit. "Ich möchte einfach nur durchhängen", meint der Erfolgsautor, der zum zweiten Mal mit seiner Frau Urlaub in Orscholz macht: "Hier stört uns niemand, es gefällt uns einfach gut." Jeden Tag sitzt Preute im tropischen Palmengarten des Gesundheits-Zentrums im bequemen Korbstuhl und liest Zeitungen und Magazine. Auf der Suche nach authentischen Fällen, die ihn inspirieren könnten? "Nein, im Urlaub möchte ich den Kopf freikriegen, Platz für Neues schaffen", sagt er, dem es oft passiert, dass sein Gegenüber in Restaurant oder Bahn tief in einen Berndorf- Krimi versunken ist. "Ein merkwürdiges Gefühl", sagt er schmunzelnd, "aber wenn die Leser mich erkennen, macht es mich schon ein wenig stolz." Facetten der Gewalt Preute ist, was den Buchmarkt angeht, stets auf dem Laufenden. Zuletzt lagen die neuesten Bücher von John le Carré, seinem Eifel-Kollegen Ralf Kramp und der Kölner Autorin Carola Clasen auf dem Nachttisch. Krimis sind die bevorzugte Lektüre. "Mich fasziniert Gewalt", sagt er, "die vielen Facetten, in denen Gewalt vorkommt. Ob der Vater, der seine Tochter ,Blöde Kuh' schimpft oder jemand, der einen Blackout hat und plötzlich liegt eine blutüberströmte Leiche vor ihm. Wir verdrängen Gewalt, obwohl wir fast immer von ihr umgeben sind." Er schätzt viele seiner Krimi-Kolleginnen, mag den Protagonistinnen-Typ "dieser mordenden Hausfrauen, denen man das nie zugetraut hätte". Stundenlang wandern Preute und seine Frau entlang der Saarschleife, um den Akku wieder aufzuladen. Zu Hause in der Eifel wartet die Arbeit an seinem neuen Krimi, der wie der aktuelle Thriller "Ein guter Mann" im Umfeld des Bundesnachrichtendienstes spielt. Begeistert erzählt Preute von seinen Recherchen bei ehemaligen Agenten, davon, wie er mit Hackern des BND "fischen" gegangen ist und welchen Belastungen Agenten ausgeliefert sind. Preute, der jahrelang als Journalist gearbeitet hat, legt Wert auf Hintergründe und Details: "So werden Geschichten wahrscheinlicher und realitätsnäher." Dazu gehört auch, dass die Charaktere "Sollbruchstellen" aufweisen: "Ich glaube, wir ticken alle in irgendeiner Hinsicht nicht in der Reihe." Spurlos ist der Saarland-Urlaub übrigens nicht an ihm vorbeigegangen: Er überlegt, einen Teil seines aktuellen Romans in Orscholz spielen zu lassen.

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