Kuriosum an der Mittelmosel-Straße

MEHRING-LÖRSCH. Das Leben in dem kleinen Ort Lörsch ist beschaulich und von der Natur geprägt. Dort gibt es eine Straße, eine liebevoll renovierte Kapelle und eine Familie, die nicht recht weiß, wo sie hingehört.

Wer, von Schweich kommend, zwei Kilometer vor Mehring einen Schlenker von der Bundesstraße nach links macht, kommt nach Lörsch. Er landet direkt in der Hauptstraße "In Lörsch", der einzigen Straße der Mini-Ortschaft. Was der Autofahrer nicht weiß, an einem der Lörscher Häuser ist er schon unmerklich vorbeigefahren. Und zwar im Nachbarort Longen. Das Winzerhaus von Michael Hank steht zwar in Longen, aber auf der Gemarkung Lörsch und damit gehört die Familie zur Gemeinde Mehring.Anfangsprobleme mit der Postzustellung

Als die Hanks vor dem Abriss der ehemaligen Schule und dem Neubau des Eigenheims noch in einem der Nachbarhäuser wohnten, waren sie eindeutig Longener. Das hat sich mit dem Umzug innerhalb des Ortes schlagartig geändert. Anfangs habe es Probleme mit der Postzustellung gegeben, doch das gehöre der Vergangenheit an. Und: Wenn Kunden den Winzer fragen, wo er wohnt, dann sagt er in Longen, denn "habe ich Lörsch gesagt, haben die Gäste lange suchen müssen", sagt Michael Hank, und nimmt das Ganze mit Humor. Während Longen immer noch selbst verwaltet wird, wurde Lörsch vor 30 Jahren nach Mehring eingemeindet. Und wird von Mehring verwaltet - auch Familie Hank. In dem 50-Seelen-Ort grüßt jeder jeden, Anonymität ist ein Fremdwort, und "die Dorfgemeinschaft ist gut", sagt Klaus Reis, ein Einheimischer. Zugegezogene, wie seine Frau Maria, gehören vom ersten Tag an dazu. "Ich wurde sofort in die Dorfgemeinschaft integriert", erinnert sich die Winzerin. Bis vor vier Jahren betrieb Familie Reis ausschließlich Weinbau. Drei Vollerwerbswinzer arbeiten im Ort. Noch liegen kaum Weinberge brach. Klaus Reis hofft, dass das so bleibt, denn ohne die Rebstockwurzeln könne es zu schwerwiegender Erosion kommen. Schon einige Male wurde der Ort von Naturgewalten gebeutelt. Markierungen an einem der Häuser erinnern an bedrohliche Hochwasser. Der Damm entlang der Bundesstraßem schützt vor den gewaltigen Wassermassen und mit Hilfe einer Pumpstation kann der Grundswasserspiegel zusätzlich bei Hochwasser auf normalem Niveau gehalten werden.Herrlicher Blick ins Moseltal

Doch die Natur hat in Lörsch auch viel Schönes zu bieten: Wege durch die terrassenförmig angelegten Weinberge bieten einen herrlichen Blick über das weite Moseltal. Auch gefeiert wird in Lörsch. In Probierstuben, Fremdenzimmern und der Gaststätte Dixius sind Gäste willkommen. Nicht nur guten Wein hat der Ort zu bieten, sondern auch die gute Atmosphäre wird der Fremde spüren. Der vor fünf Jahren gegründete Feuerwehr- und Kulturverein hat zur weiteren Festigung der Dorfgemeinschaft beigetragen. Er ist aus der Not heraus entstanden. "Einbrecher haben wertvolle Heiligenstatuen aus der Kapelle gestohlen", sagt Klaus Reis. Da es sehr schwierig sei, an Zuschüsse für eine kleine Kapelle zu kommen, setzten die Lörscher Bürger auf Eigeninitiative. Mit dem Erlös dreier Feste konnten St. Nikolaus, der Lörscher Schutzpatron, und eine Marienstatue wiederbeschafft werden. "Wir haben den Stein zur Renovierung ins Rollen gebracht und die Mehringer haben uns sehr unterstützt", sagt Klaus Reis rückblickend und grüßt einen Bewohner, der mit seinem Auto ins Nachbardorf fährt. Ein Fahrzeug ist ein Muss. Auch die Kinder müssen sich früh ans Fahren gewöhnen. Kindergärten und Schulen besuchen sie in den Nachbarorten. Ein Bushäuschen steht an der Bundesstraße, die Anbindung an die Moselbahn ist gut. So wie das Leben in Lörsch. "Wir sind alle Nachbarn", sagt Klaus Reis. Auch die Hanks, die schon fast in Longen leben.

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