Nur ein Taschengeld als Lohn

SERRIG. Einst lernte er Gärtner und träumte davon, auf der Insel Rügen eine Arbeit zu finden. Innerhalb weniger Wochen hat sich der Wind in Richtung der beruflichen Zukunft von Joachim Strauch stark gedreht. Auslöser war ein Projekt des Bistums Trier mit dem Titel "FSJ statt Zivildienst".

Der Arbeitstag von Joachim Strauch beginnt um acht Uhr morgens. Seit August arbeitet der 19-Jährige auf dem Hofgut in Serrig und ist dort zurzeit in der Schreinerei beschäftigt. Seine Aufgabe ist jedoch nicht etwa das Bearbeiten von Holz, sondern die Betreuung von geistig und mehrfach behinderten Menschen. Das Besondere daran: Der aus dem saarländischen Mettlach stammende Strauch arbeitet auf freiwilliger Basis und nur für ein Taschengeld. Joachim Strauch absolviert derzeit sein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in der Serriger Zweigstelle der Lebenshilfe-Werkstatt Trier. Ursprünglich wollte der gelernte Gärtner anstelle des Wehrdienstes Zivildienst leisten. Eines Tages hörte er vom Projekt "FSJ statt Zivildienst" des Bistums Trier, das jungen Männern die Gelegenheit bietet, ein Jahr lang in einer sozialen Einrichtung zu arbeiten. Seit einer Änderung des Zivildienstgesetzes im Jahr 2002 besteht die Möglichkeit, alternativ zum Zivildienst auch ein Freiwilliges Soziales Jahr zu leisten.Neue berufliche Perspektiven eröffnet

"Was den Umgang mit den Behinderten betrifft, hatte ich anfangs gewisse Berührungsängste", berichtet Strauch über die ersten Wochen in Serrig. Das habe sich jedoch schnell gelegt und mittlerweile mache die Arbeit ihm eine Menge Spaß. Mehr noch: "Während der paar Monate, die ich hier bin, habe ich beschlossen, einen neuen beruflichen Weg einzuschlagen." Sein Ziel sei eine Ausbildungsstelle als Heim- und Erziehungspfleger. Mehrere Bewerbungen habe er bereits geschrieben. Das Projekt "FSJ statt Zivildienst" gibt es seit Mitte 2003. Zur Auswahl stehen neben der Arbeit mit Behinderten auch Krankenhäuser, Rehabilitationszentren und Kindertagesstätten. Wer aber entscheidet sich für den mit einem "Taschengeld" von rund 230 Euro im Vergleich mit dem "Zivi" eher schlecht bezahlten Job? "Beispielsweise jene, die später einmal in einem sozialen Beruf tätig sein wollen", erklärt Projektleiterin Kerstin Hammer. Das FSJ gelte auch als Vorpraktikum zu einem sozialpädagogischen Studium. Wichtiger seien jedoch die Erfahrungen, die ein Teilnehmer dabei sammeln könne. "Jeder kann für sich selbst herausfinden, ob ein Beruf im sozialen Bereich das Richtige ist", so Hammer. Am Ende erhalten die Teilnehmer ein Zeugnis sowie ein Zertifikat über die geleistete Arbeit. Der wesentliche Unterschied zum Zivildienst besteht darin, dass die jungen Männer im FSJ fast ausschließlich Arbeiten mit Schwerpunkten im pädagogischen Bereich, zum Beispiel Betreuungsfunktionen, übernehmen.Zusätzlicher Lohn: Sehr viel Spaß

Großer Wert wird auch auf die Bildung gelegt. Insgesamt 25 Seminartage, verteilt auf fünf Wochen, müssen die Teilnehmer absolvieren. Dort wird ein Grundstock an Wissen zum Beispiel über den Umgang mit behinderten Menschen, Sucht- und Abhängigkeit, soziale Brennpunkte, auch Sterben und Tod vermittelt. "Ein weiterer Unterschied ist, dass das Freiwillige Soziale Jahr zwölf Monate dauert, also drei Monate länger als der Zivildienst", erklärt Projektleiterin Hammer. Voraussetzung sei - wie beim Zivildienst - die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer. Neben dem "Taschengeld" werden anfallende Fahrt- und Verpflegungskosten erstattet, die Sozialversicherungsbeiträge übernommen und das Kindergeld weitergezahlt. Ende Juli 2005 ist das "Freiwillige Sozi" von Joachim Strauch zu Ende. Wenn er Glück hat, kann er anschließend beruflich in die Sozialarbeit gehen. Bis dahin müsse er noch ein paar Bewerbungen schreiben, sagt er. Auf die Frage, was die Arbeit auf dem Hofgut ihm außer einer beruflichen Neuorientierung bisher gebracht habe, antwortet der 19-Jährige ohne Zögern: "Sehr viel Spaß."

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