Pause mit Häppchen und Trostpflastern

Rund 100 der 450 Mitarbeiter des Kreiskrankenhauses St. Franziskus in Saarburg haben sich gestern Mittag an der halbstündigen Protest-Aktion "Aktive Mittagspause" beteiligt und damit eine bessere finanzielle Ausstattung der Krankenhäuser bundesweit angemahnt. Mit dieser vom Aktionsbündnis "Rettung der Krankenhäuser" organisierten Initiative wollten die Häuser ihre Forderung nach einem staatlichen Hilfspaket in Höhe von 6,7 Milliarden Euro unterstreichen.

Saarburg. Zwölf Uhr mittags im Kreiskrankenhaus St. Franziskus in Saarburg. Betriebsrats-Vorsitzender Gerhard Kaiser, Geschäftsführer Holger Brandt, Pflegedirektor Harald Lehnertz und etwa 100 Mitarbeiter aus dem Pflegebereich und der Verwaltung machen sich bereit für eine ungewöhnliche Mittagspause. DIN A4-große Schilder mit einem aufgemalten Pflaster und der Aufschrift "Die Kliniken in Not brauchen mehr als nur ein Trostpflaster" haben sie sich um den Hals gehängt und begeben sich vor den Haupteingang. "Für unser Haus frieren wir uns sogar noch den Allerwertesten ab", frotzelt eine Mitarbeiterin.

"Der Deckel muss weg"



Zwei Kollegen halten ein Transparent hoch mit Logo und Schriftzug des Krankenhauses, darunter steht das Motto der bundesweit ausgerufenen Aktion: "Der Deckel muss weg."

"Ich freue mich, dass unserem Aufruf doch so viele gefolgt sind", fasst Gerhard Kaiser in wenigen Worten der Menge zugewandt zusammen. "Auf unsere Situation haben wir ja auch schon bei der Groß-Demo in Berlin am 29. September aufmerksam gemacht. Ein Teil von Euch war ja auch da dabei."

Um zu demonstrieren, dass sie auch in Saarburg lautstark ihre Interessen vertreten, stimmt eine kleine Gruppe zum kurzen "Schlachtruf" an: "Wir sind hier und wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut."

Dann geht es auch schon wieder hinein ins Warme, ans vorbereitete kleine Häppchen-Büffet. "Wir haben erst kurzfristig von der Aktion erfahren und hatten nicht viel Vorlauf für die Vorbereitung. Aber uns war wichtig, uns bei der bundesweiten Aktion solidarisch zu erklären und vor den Beratungen der Bundesregierung nächste Woche Druck auf den Gesetzgeber auszuüben", sagt der Betriebsrats-Vorsitzende. "Wir wollen zeigen, dass das in Aussicht gestellte Paket von 3,5 Milliarden Euro nicht ausreicht, um die Unterdeckung der Häuser in Deutschland zu kompensieren", ergänzt Geschäftsführer Brandt. Auch wenn er die Situation des Saarburger Hauses relativiert: "Dadurch, dass wir stetig steigende Patientenzahlen haben, kommen wir wahrscheinlich noch zurecht." Wie Betriebsrat und Geschäftsführung stehen auch die Mitarbeiter voll und ganz hinter der Aktion. "Wir müssen zeigen, dass wir uns von der Politik nicht alles gefallen lassen", erklärt Labor-Assistentin Christa Bruns. Ihre Kollegin Anja Bambach meint: "Die Belastungsgrenze in der Pflege ist schon lange erreicht, und das geht letzten Endes auf Kosten der Patienten. Darauf wollen wir durch diese Aktion aufmerksam machen. Unser Haus hat bekanntermaßen noch eine persönliche Note. Und das soll auch so bleiben."

Meinung

Ein leiser Aufstand

Ausgesprochen publikumswirksam war die friedliche und freundliche Protest-Aktion des Saarburger Krankenhauses nicht gerade. Da wäre ein kurzer Abstecher in die Innenstadt, bei dem die Krankenhaus-Beschäftigten mündlich oder schriftlich Informationen hätten streuen können, sicher zielführender gewesen. Sei's drum: Legitim ist allemal, dass sich das Personal mit voller Rückendeckung der Leitung innerhalb des Hauses, aber auch mit den übrigen Krankenhäusern im Land solidarisiert und hinsichtlich der gemeinsam gesteckten Ziele bestärkt. Verständlich und nachvollziehbar ist der Unmut über das gescheiterte System allemal. s.rendenbach@volksfreund.de

Extra
6,7 Milliarden Euro
beträgt nach Auskunft des Aktionsbündnisses "Rettung der Krankenhäuser" die Finanzierungslücke der Krankenhäuser in ganz Deutschland. Das Bündnis fordert, dass die Tarifsteigerungen von 2008 und 2009, die für Ärzte und das übrige Personal rund sechs Prozent ausmachen, vollständig finanziert werden. Zudem sollen zusätzliche 21 000 Pflegestellen zu 100 Prozent finanziert werden. Auch die Stellen nach der Psychiatrie-Personalverordnung sollen zu 100 Prozent abgesichert werden. Schließlich lautet eine zentrale Forderung: "Der Deckel muss weg". Damit richten sich die Häuser gegen das System der Budgetierung, das die Einrichtungen verpflichtet, einen Teil der Erlöse abzuführen. "Wir arbeiten produktiv, sind aber kastrierte Firmen", beschreibt Gerhard Kaiser das Dilemma.

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