Pech mit dem Bestatter

ZEMMER. Sie hat Mut und Wissen bewiesen, Glück gehabt und ist nun um einen ansehnlichen Betrag reicher. Claudia Keilen aus Zemmer war Kandidatin in Günther Jauchs Quiz-Show "Wer wird Millionär?"

Die Straßen in Zemmer sind an diesem Montagabend wie leergefegt und stärker als sonst beleuchtet vom bläulichen Flimmern unzähliger Fernsehbildschirme. Denn es hat sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen: "Heute Abend ist Claudia bei Günther Jauch!" Claudia Keilen, die 40-jährige Sparkassenfachwirtin, ist im Dorf bekannt durch tatkräftige Mithilfe bei Festen des Heimatvereins und jahrzehntelanger Treue zum 1. FC Köln. Ihre Leidenschaft gilt aber nicht nur Fußball-, sondern auch Rate-Spielen wie dem "Großen Preis", bei dem sie gerne mit ihrem Spezialgebiet 1.FC Köln angetreten wäre.Wie viele Einwohner hatte Braunschweig 2004?

Daraus wurde zwar nichts, dafür aber war sie vor vier Jahren Kandidatin in einer Quiz-Show von Sat1. "Aus Spaß am Spiel" habe sie sich dann auch per Internet bei RTL um eine Teilnahme bei "Wer wird Millionär?" beworben. Das war vor vier Wochen, als Claudia Urlaub hatte. Der nahm gleich eine überraschende Wende, denn fast umgehend meldete sich die Produktionsfirma. "Nach Auswahl durch einen Zufallsgenerator musste ich mich einem 40-minütigen Telefoncasting stellen." Ihre Eignung als Kandidatin sei mit Fragen wie der nach dem Komponisten von "Entführung aus dem Serail" oder der Einwohnerzahl von Braunschweig Ende 2004 geprüft worden. Und dann wurde sie nach Hürth in die Fernsehstudios eingeladen, zunächst als Reserveperson für die laufende Runde, schon eine Woche später aber als eine der zehn Auswahlkandidaten. "Ich hätte nie gedacht, dass das so schnell geht." Die Sendung wurde aufgezeichnet. "Das war richtig Stress. Ich musste schon mittags da sein, meine Kleidung vorführen, dann kam eine Einführung, und ich wurde geschminkt." Um 17.30 Uhr war es dann so weit, und sie saß bibbernd auf einem der zehn Stühle. Die Aufregung sei noch viel schlimmer gewesen als damals bei Sat1. "Vielleicht habe ich deshalb einfach geschrien, als klar war, dass ich Schnellste bei der Auswahlfrage war und gleich gegenüber von Jauch sitzen würde." Vor Blamage habe sie keine Angst gehabt: "Ich interessiere mich für alles, lese viel, vor allem englischsprachige Bücher, da habe ich Selbstvertrauen." Außerdem waren Maskottchen "Hennes", der Geißbock vom 1. FC Köln, und Claudias Schwester Dorothee als Unterstützung dabei. Da ihr Spiel in der ersten Runde noch nicht beendet war, fuhr sie am vergangenen Dienstag zu einer zweiten Aufzeichnung nach Hürth. Über das Ergebnis musste sie die ganze Woche bis zur Ausstrahlung am Montag Stillschweigen bewahren, sonst wäre ihr der Gewinn aberkannt worden.Drei Joker für die "Chaps"

Entsprechend groß ist die Neugier von Bekannten und Nachbarn, die an diesem Montag wie Claudia selbst vor dem Bildschirm mitfiebern. Claudias Mienenspiel wechselt zwischen Anspannung und Heiterkeit, sie wird sichtlich nervös, als nach einer Reihe von souverän beantworteten Fragen die erste Teufelsfrage kommt: "Was sind Chaps?" - "Vielleicht war's ein Fehler, aber zocken wollte ich nicht", erklärt Claudia, "deshalb habe ich die drei Joker gesetzt." Unter anderem den Telefonjoker, der ihrem Fußballfreund Peter Knöll aus Koblenz einen Anruf von Günther Jauch einbringt. Er rettet Claudia mit der richtigen Antwort, und sie marschiert weiter durch bis zur 16 000-Euro-Frage. "Und das war die, die mich geliefert hat." Wem der Begriff "Craniosacral" zugeordnet werden könne, einem Heilpraktiker, Exorzisten, Bauingenieur oder Bestatter. Mit ihrer Antwort "Bestatter" liegt sie daneben, denn es ist der Heilpraktiker. Dennoch, 16 000 Euro gehören ihr und rücken Wünsche nach einem Auto und einer Australienreise in greifbare Nähe. Zumindest in Claudias Straße wird es nach der Sendung wieder lauter, denn etliche Gratulanten freuen sich mit ihr.

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