Plünderndes Federvieh

TRIER-SAARBURG. Die Winzer müssen jedes Jahr aufs Neue ihre mühsam angelegten Weinstöcke gegen gefräßige Vögel verteidigen. Dank des neuen Waffengesetzes dürfen dazu jetzt wieder Schreckschusswaffen verwendet werden.

Hitchcocks Meisterwerk "Die Vögel" lässt grüßen: Bedrohlich kreischende Vogelscharen, die im Sturzflug gen Erde rasen und kein grünes Fleckchen mehr hinterlassen... So ähnlich scheint es sich tatsächlich abzuspielen. Vor allem Weinberge sind von den einfallenden gefiederten Scharen betroffen. Gerd Knebel, Geschäftsführer des Winzerverbandes Mosel-Saar-Ruwer, kann davon ein Lied singen: "Gerade Stare fallen manchmal in ganzen Horden über die Rebstöcke her und verursachen immense Fraßschäden. Zurück bleibt da oft nur der leere Weinberg." Um dem lästigen Federvieh Einhalt zu gebieten, bedienen sich Winzer und Landwirte vor allem zweier Mittel: "Große Vogelschutznetze und Schreckschusswaffen sind das einzige, was die Vielfraße abhält", erläutert Knebel. Während noch bis Mitte der 80er Jahre auch Schrotflinten zur Abwehr eingesetzt wurden, waren zwischenzeitlich ohne Waffenschein nicht einmal Schreckschusswaffen erlaubt. "Schnell halbgare Gesetze eingeführt"

Hubertus Klein, zuständig für den Winzerverband Rheinland-Nassau, erklärt die Problematik: "In den letzten 50 Jahren nahm niemand daran Anstoß, dass wir die Vögel mit Schreckschusswaffen vertreiben. Doch die Verschärfung des Waffengesetzes nach dem Erfurter Amoklauf hatte selbst für uns Winzer drastische Auswirkungen." Auch Wolfgang Kahn, Mitarbeiter der Trierer Waffenbehörde, macht seinem Ärger Luft: "Da wurden schnell irgendwelche halbgaren Gesetze eingeführt, um die Öffentlichkeit zu beruhigen. Leidtragende waren eben auch die Winzer." Doch das neue Waffengesetz, seit 1. April dieses Jahres in Kraft, greift diese Thematik zu Gunsten der Winzer und landwirtschaftlichen Betriebe wieder auf: Paragraf 12 besagt, dass für "Winzer und Landwirte das Führen einer Schreckschusswaffe, ebenso wie das Schießen mit einer solchen Waffe, auf dem eigenen Grundstück zum Vertreiben von Vögeln erlaubt" seien. Während Otto Normalverbraucher dafür den "Kleinen Waffenschein" benötigt, sind die Landwirte davon befreit, solange die Waffen erst auf dem eigenen Gelände geladen und ausschließlich dort abgefeuert werden. Der Deutsche Weinbauverband überzeugte die zuständigen Ministerien von der Notwendigkeit der Schreckschusswaffen bei der Vogelabwehr. In Österreich bewiesen die steirischen Weinbauern besonders viel Kreativität bei der Vogelabwehr: Sie bauten den "Klapotetz" - ein riesiges, laut klapperndes Holz-Windrad, das das hungrige Federvieh abschrecken sollte. Doch anstatt Vögel zu verscheuchen, zieht das Wahrzeichen mittlerweile nur noch Touristen an.

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