Rat streitet um Baugebiet

"Etappen-Sieg" für den Ortsgemeinderat Palzem: Bei einer Enthaltung beschloss das Gremium den Bebauungsplan für den zweiten Abschnitt des Gebietes "Bei der Kapell" in Palzem als Satzung. Trotz angedrohter Klage des Palzemer Ortsvorstehers Dieter Strupp gegen die Planung entschieden sich die Ratsleute zu diesem Schritt. Ob er tatsächlich umgesetzt wird, lässt Strupp aber offen.

 Hinter dem ersten Bauabschnitt des Gebietes „Bei der Kapell“ sollen nach Vorstellung der Ortsgemeinde weitere 20 Baustellen entstehen. Foto: Ortsgemeinde Palzem

Hinter dem ersten Bauabschnitt des Gebietes „Bei der Kapell“ sollen nach Vorstellung der Ortsgemeinde weitere 20 Baustellen entstehen. Foto: Ortsgemeinde Palzem

Palzem. Eines steht fest: Es gibt Baugebiete, die lassen sich wesentlich unproblematischer und schneller realisieren als das in Palzem. Das Teilgebiet "Bei der Kapell" schien von Anfang an unter keinem guten Stern zu stehen.

Nachdem sich bereits das Umsetzen des ersten Abschnittes wegen mangelhafter Arbeiten einer Baufirma - wie kürzlich gerichtlich geklärt wurde - beim Straßenbau und der Verlegung der Leitungen deutlich verzögert hatte (der TV berichtete), kommt auch die Entwicklung des zweiten Abschnittes nur langsam in Gang. Rund 20 Grundstücke will der luxemburgische Investor Daniel Frères dort erschließen.

Schwierige Grundstücksverhandlungen hatten die 2003 gestarteten Planungen behindert. "Wenn ich an dieses Baugebiet denke, kommt bei mir Ärger und Unmut auf": Mit diesen Worten eröffnete Florian Wagner, Chef der Sechs-Ortsteil-Gemeinde Palzem, die jüngste Ratssitzung. "Vieles, was da gelaufen ist, entbehrt der Sachlichkeit. Heute Abend ist eine wichtige Entscheidung zu treffen, denn wir müssen den Bebauungsplan zur Rechtskraft bringen."

In letzter Minute Einwände erhoben



Dabei müsse er "auf die Gefahr hinweisen", die damit verbunden sei. Mit der "Gefahr" umschrieb Wagner das Risiko, dass der genehmigte Bebauungsplan möglicherweise in letzter Minute doch nicht umgesetzt wird.

Der Grund: CDU-Ratsmitglied Dieter Strupp, Ortsvorsteher von Palzem und Grundstücksbesitzer im vorgesehenen Bauabschnitt, hatte am letzten Tag der vorgeschriebenen zweiten behördlichen Offenlegung der Pläne Einwände geltend gemacht.

Der bebaubare Bereich des Gebietes soll bis acht Meter an Strupps Weinbergsfläche heranreichen. Die derzeitige Rechtsprechung, so Strupps Einwand, fordere einen Abstand von 20 Metern. "Meine Frau und ich behalten uns deshalb vor, hiergegen rechtliche Schritte einzuleiten. Sollte der Vorschlag des Investors Daniel Frères zu tragfähigen Bedingungen zu realisieren sein, werden wir hiervon absehen", heißt es in der Stellungnahme.

Mit dem "Vorschlag" zielt Strupp auf seinen vermeintlich "frommen Wunsch" ab, dass auf seiner Fläche ein dritter Abschnitt erschlossen wird und für Strupp so vier Baustellen abfallen.

Über einen dritten Bauabschnitt denke der Rat jedoch noch gar nicht nach, betonte Wagner. Zudem könne die Gemeinde auf keinen Fall eine solche Zusage machen - und: "Das würde das Problem mit dem geringen Abstand nur verlagern, nämlich auf den Grundstücksnachbarn von Dieter Strupp", so Wagner.

Wagner wie auch Landschaftsarchitekt Horst Blaschke vom planenden Büro "Ernst und Partner" betonten, dass die von Strupp ins Spiel gebrachten 20 Meter Abstand eine "unverbindliche Empfehlung seien". Blaschke: "Entsprechende Gerichtsurteile aus Lüneburg und Mannheim gelten für Rheinland-Pfalz nicht."

Aus seinem Unverständnis machte Blaschke keinen Hehl: "Dass die Bebauung an acht Meter ranreicht, wussten wir alle hier von Anfang an. Dieter Strupp war immer ein Befürworter und Förderer des Baugebietes. Zumal er von seinem Weinberg keinen Meter abgeben wollte, sonst hätten wir mit der Fläche ganz anders planen können. Mir kommen seine Bedenken jetzt zu spät."

Für die Ortsgemeinde hängt finanziell einiges an diesem Gebiet: geschätzte 350 000 Euro Einnahmen für drei fertig erschlossene Baugrundstücke, die der Investor der Gemeinde vertraglich zugesichert hat. "Deshalb haben wir gar keine Wahl und müssen die Risiken gegeneinander abwägen", sagte Wagner.

Ob er eine Normenkontrollklage erheben werde, ließ Strupp auf TV-Nachfrage offen. "Das wird sich in nächster Zeit entscheiden - je nachdem, wie aussichtsreich das ist."

Meinung

Unfair und unglaubwürdig

Einem Schildbürgerstreich kommt das Treiben im Palzemer Gemeinderat gleich. Da ringt das Gremium über Jahre in vielen Sitzungen darum, das erwünschte Baugebiet unter Berücksichtigung verschiedener Interessen und Einwände endlich auf den Weg zu bringen, steht kurz vor dem Ziel, da schießt auf den letzten Metern ausgerechnet aus den eigenen Reihen jemand quer. Und zwar einer, der die gesamte Entwicklung nicht nur von Beginn an begleitet, sondern vor allem - auch nach eigener Aussage - stets gefördert und vorangetrieben hat. Dieter Strupp wusste wie jeder andere im Rat von den deutlich begrenzten Ausgangsbedingungen für den zweiten Bauabschnitt. Durch seine in keiner Weise kompromissbereite Haltung und die mehrfach festgehaltene Aussage "Von mir keinen Meter" hat er diese Planung geradezu provoziert. Dass er ausgerechnet am letzten Tag der Plan-Offenlegung mit seinem Einwand "um die Ecke kommt", ihn aber gerne zurückzieht, so er dann auf seiner Fläche ein Baugebiet realisiert bekommt, setzt dem Ganzen die Krone auf. Als Ortsvorsteher macht er sich damit vollends unglaubwürdig. s.rendenbach@volksfreund.de

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