Rettung in letzter Sekunde

SAARBURG. Das Aufatmen der Tectro-Mitarbeiter ist fast bis in die Saarburger Innenstadt zu hören. Um 15.32 Uhr kündigte gestern Insolvenzverwalter Franz J. Abel per Telefon an, dass es bei dem finanziell angeschlagenen Kunststoffhersteller weitergehen kann.

 Anita Müller, Gabrielle Resch, Martin Weidner und Karla Scheer (von links) sind erleichtert. Am Freitagnachmittag kam endlich die Nachricht: Es kann bei Tectro weitergehen. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

Anita Müller, Gabrielle Resch, Martin Weidner und Karla Scheer (von links) sind erleichtert. Am Freitagnachmittag kam endlich die Nachricht: Es kann bei Tectro weitergehen. TV-Foto: Heribert Waschbüsch

"Es war für mich die schlimmste Woche hier bei Tectro", sagt Martina Weidner, nachdem endlich klar ist, dass bei dem Saarburger Unternehmen die Lichter doch noch nicht ausgehen. Wenige Momente vorher hatte die Mitarbeiterin vom Betriebsratsvorsitzende Horst Molitor erfahren, dass auch der letzte wichtige, große Kunde einer satten Preiserhöhung zugestimmt hat. Damit kann der Insolvenzverwalter die Geschäfte in Saarburg weiterführen und einen Investoren suchen. Wie knapp Tectro vor dem Aus stand, sieht man den Mitarbeitern an. Nachdem die positive Nachricht die Runde gemacht hat, stellen sich die Mitarbeiter zusammen und machen sich Mut. Anita Müller freut sich besonders: "Ich bin seit zwölf Jahren hier bei Tectro und mein Mann sogar schon seit 38 Jahren. Das ist für uns nun heute wirklich ein besonderer Tag." "Schwarzer Montag in der Betriebsgeschichte"

Doch auch in diesem Moment bleiben für die Mitarbeiter viele offene Fragen, und der Frust und die Ängste der vergangenen Wochen lassen sich nicht so einfach abschütteln. "Es war so ein schlimmer Tag, als am Montag fast 50 Kollegen entlassen wurden. Das war sehr hart", sagt die 37-jährige Martina Weidner. Seit Monaten kommen die Mitarbeiter jeden Tag zur Arbeit, immer mit der Angst im Nacken, dass es ihr letzter Tag bei Tectro sein könnte. Edwin Berwanger aus Schmelz arbeitet schon sein elf Jahren bei dem Kunststoffunternehmen. Er gehört zu den zahlreichen Saarländern bei Tectro, die kurz hinter der Landesgrenze ihren Job haben. Auch für das Betriebsratsmitglied war der Montag "ein schwarzer Tag" in der Betriebsgeschichte. Doch nun überwiegt auch bei ihm die Hoffnung, dass es für den Zulieferbetrieb eine Zukunft gibt. Darauf setzt auch Yvonne Bär aus Weiskirchen. Die 22-jährige Auszubildende ist seit gut einem Jahr bei Tectro. In einem Dualen Ausbildungsgang studiert sie gleichzeitig zu ihrer betrieblichen Ausbildung. "Als das Unternehmen in Insolvenz ging, hatte ich gerade Blockunterricht und nichts mitbekommen. Aber diese Woche im Betrieb war schon hart. Doch die meisten Kollegen waren die gesamte Zeit hoffnungsvoll und wollten nicht aufgeben."Neue Hoffnung für die Mitarbeiter

"Wir haben hier alle die Hoffnung nicht aufgegeben", sagt auch Produktionsleiter Andreas Geiger. Der 39-jährige Saarburger ist seit 17 Jahren im Betrieb. "Das Unternehmen hier ist doch für viele von uns wie unser Baby." Die Motivation der Mitarbeiter sei auch in den ausweglosesten Situationen immer noch hoch gewesen, "sonst wäre hier sowieso schon alles den Bach hinunter gegangen", sagt Geiger. Vor allem an dem umstrittenen kurzzeitigen Besitzer Core Jacobs lässt Geiger kein gutes Haar. "In dieser Phase hat die Geschäftsführung sehenden Auges Fehlentscheidungen getroffen. Es gab eine Reihe Entscheidungen gegen jeden Menschenverstand", findet Geiger. Nun glaubt der Produktionsleiter an eine reelle Chance für das Unternehmen. Mit der Zusage der Großkunden habe man eine Basis für die Zukunft. Um 16 Uhr beenden einige Kollegen ihre Schicht und gehen nach Hause: "Ein schönes Wochenende", rufen sie dem Betriebsratsvorsitzenden zu. "Das hatten wir schon lange nicht mehr", antwortet Horst Molitor.

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