Rückzug nach 30 Jahren

PÖLICH. Mit 64 Jahren wollte Kurt Schu nicht nochmals für das Amt des Pölicher Ortsbürgermeisters kandidieren. Nach 30 Jahren Mitarbeit in der Kommunalpolitik, davon 15 Jahre als Ortsbürgermeister, räumt er seinen Platz einem Jüngeren.

"Neue Besen kehren gut," spielt er auf das alte Sprichwort an und denkt an die anderen Ideen seines Nachfolgers, denen er nicht im Wege stehen will. Würde er nochmals kandidieren, wäre er am Ende seiner Dienstzeit fast 70 Jahre alt. Das ist ihm zu lange. Nach der Übergabe seiner Amtsgeschäfte an einen "Neuen" will er sich vorwiegend seiner Familie und seinem Weinbau-Betrieb widmen."Früher konnten noch Ziele verwirklicht werden"

Bei seinem Einstieg in die Kommunalpolitik, sagt er, sei alles einfacher und unkomplizierter gelaufen. "Finanziell war der Ort wesentlich besser gestellt, es konnten noch Ziele verwirklicht werden", erinnert sich Schu. Heute sei alles "Krampf". So könnten im Grunde nur noch die anfallenden Pflichtaufgaben erfüllt werden. Schu: "Die Umsetzung eigener Ideen und der Wünsche aus der Bevölkerung ist inzwischen zur Utopie geworden." Viele Höhen und Tiefen hat der (Noch-)Ortsbürgermeister, der auch als Beigeordneter und im Verbandsgemeinderat mitarbeitete, kennen gelernt. Und eine Erfahrung hebt er besonders hervor: "Auch in einem kleinen Ort wie Pölich mit 370 Einwohnern muss man sich als Ortsbürgermeister bei allen möglichen Angelegenheiten distanziert verhalten." Die Folge sei, dass man sich mit der Zeit nicht nur Freunde mache. Bis 1998 hatte er mit dem Rat, der Pfarrgemeinde und der Bevölkerung viele gesteckte Ziele in die Realität umsetzen können. So wurden die Straßenbeleuchtung neu installiert, ein Neubaugebiet mit 20 Baustellen geschaffen und Grünzonen im Ort angelegt. Hinzu kamen weitere Baumaßnahmen - etwa die Bürgerräume in der alten Schule. Mit der Renovierung der Pfarrkirche St. Andreas, dem Anbau des Pfarrheimes und der Neugestaltung des gesamten Bereiches um die Kirche gelang ein besonderes Schmuckstück, worauf die Pölicher stolz sind. Ein neuer Rasenplatz vollendete 1996 den Reigen der Projekte. Doch die guten Zeiten endeten mit einem "großen Knall", der für ein katastrophales Loch im Haushalt sorgte. Grund: Beim RWE, das ein Wasserkraftkraftwerk im Ort betreibt, kam es zu einer Umstrukturierung. Für das Moseldorf eigentlich kein Problem, wäre da nicht die Gewerbesteuer gewesen, die 1998 neu berechnet werden musste. Die Folge war, dass Pölich von heute auf morgen über eine Million Mark zurückzuzahlen hatte. Während Schu in die Vergangenheit blickt, stellt er fest: "Die Leute haben sich in den letzten Jahrzehnten geändert. Das Gemeinwohl steht nicht mehr wie früher im Vordergrund. Vielmehr sieht jeder zunächst nur noch seine eigenen Interessen." Auch das Dorfgefüge habe sich während seiner Amtszeit merklich geändert. Und dies gelte auch für den Weinbau. Von einst 30 Voll- und Haupterwerbsbetrieben seien nach 25 Jahren nur noch zwölf übrig geblieben. So schließt seine Bilanz von 30 Jahren Kommunalpolitik nicht ohne Wehmut. Eines steht für den scheidenden Ortsbürgermeister fest: Er wird sich nicht ganz aus dem Dorfleben verabschieden. "Wir haben noch ein intaktes Vereinsleben", sagt der Sänger im Kirchenchor. Morgen in unserer Serie "Trier-Saarburg - ganz nah": Preisgekrönt - die Glasmeisterin Anne Hein aus Mehring.

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