Saftige Geldstrafe für "Kolonnen-Springer"

Zu einer Geldstrafe von 5600 Euro und einem neunmonatigen Fahrverbot in Deutschland verurteilte das Amtsgericht Saarburg einen 33-jährigen Luxemburger mit Wohnsitz "im Ländchen". Das Gericht sah als erwiesen an, dass der Mann als "Kolonnenspringer", wie Amtsrichter Herbert Schmitz es nannte, zwischen Oberbillig und Wasserliesch unterwegs war und sich bei einem Überholvorgang "grob verkehrswidrig und rücksichtslos" verhielt.

 Die Bundesstraße 419 zwischen Oberbillig und Wasserliesch. Hier ereignete sich ein folgenschwerer Unfall vor einer uneinsehbaren Kurve unmittelbar vor Wasserliesch. TV-Foto: Willi Speicher

Die Bundesstraße 419 zwischen Oberbillig und Wasserliesch. Hier ereignete sich ein folgenschwerer Unfall vor einer uneinsehbaren Kurve unmittelbar vor Wasserliesch. TV-Foto: Willi Speicher

Saarburg. Um den berüchtigten Paragrafen 315 c des Strafgesetzbuches drehte sich eine ungewöhnlich lange Hauptverhandlung am Amtsgericht Saarburg. Dieser Paragraf umfasst die "sieben Todsünden", wie Amtsrichter Herbert Schmitz gerne formuliert und die den erfahrenen Juristen immer wieder aufs Neue besonders hartnäckig und nachdrücklich verhandeln lassen.Sieben Todsünden im Straßenverkehr

315 c - darunter fallen unter anderem Wenden auf der Autobahn, Fahren mit Alkohol am Steuer oder eben riskante Überholmanöver. Wegen "grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen Verhaltens" im Zusammenhang mit einem Überholmanöver und "fahrlässiger Körperverletzung" musste sich ein 33-jähriger Gemeinde-Beamter aus Luxemburg in Saarburg verantworten. Mit seinem 240 PS starken PKW sei er am 30. November 2007 gegen 19.45 Uhr auf der B 419 von Grevenmacher in Richtung Konz unterwegs gewesen, fasste Oberamts-Anwalt Helmut Ayl beim Verlesen der Anklage zusammen. Nach der Ortsausfahrt von Oberbillig habe er sich einer Mini-Kolonne von drei Autos angeschlossen, wovon er zwei in der 70-Kilometer-Zone überholt habe. Nachdem er zum Überholen des vordersten Wagens angesetzt habe und zur Hälfte an diesem vorbeigezogen sei, sei ihm aus einer unübersichtlichen Kurve ein Auto entgegen gekommen. Da dessen Fahrer keine Ausweichmöglichkeit gehabt habe, sei es zum seitlichen Zusammenstoß gekommen. Dabei entstand am Wagen des in den Unfall verwickelten jungen Mannes Totalschaden, der Fahrer wurde an der Halswirbel-Säule verletzt und erlitt Prellungen. Ausführlich nahm zunächst der Angeklagte Stellung: "Als ich zur Hälfte an dem Auto vorbei war, bemerkte ich den Gegenverkehr. Die Kurve habe ich nicht gesehen. Ich sah nur eine Gerade."Verteidiger Stefan Huth aus Bad Kreuznach kommentierte: "Mein Mandant kannte die Strecke schon. Auch ich habe nicht vor Augen, dass die Kurve so schnell kommt. Ich sehe nicht ein, dass ihm grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen wird."Diesen Einwand ließ Richter Schmitz nicht gelten: "Sie meinten, die Strecke zu kennen. Man sollte sich aber nicht auf sein Gedächtnis verlassen und darf eben nur überholen, wenn man die Strecke übersehen kann." Und dann legte Schmitz nach: "Gefährliches Überholen gehört zu den Dingen, die wir gar nicht gerne haben. Das ist eben keine Ordnungswidrigkeit, denn da geht es um Menschenleben, auch um andere.""Kann man ihm denn wirklich den 315 c unterstellen, wenn er sich ein bisschen verschätzt hat?" "Wenn er sich ein bisschen verschätzt hätte - er hat sich aber gewaltig verschätzt", konterte Schmitz. Alle Beteiligten könnten froh sein, dass der Unfall keine schlimmeren Folgen gehabt hätte. 80 Tagessätze à 90 Euro und eine achtmonatige Fahrsperre - die indes für den Luxemburger mit Wohnsitz in Luxemburg nur in Deutschland gilt - seien angesetzt, informierte Helmut Ayl. Dabei könne man bei der Anzahl der Tagessätze und der Sperre sicher runtergehen - 60 à 80 seien vorstellbar, so Ayl. Ein "Angebot", das Verteidiger Huth auszureizen versuchte. "Die achtmonatige Sperre ist okay", sagte er. "Aber wir beantragen 50 Tagessätze und könnten dann auf die Beweis-Aufnahme verzichten." Auf diesen "Kuhhandel" wollten sich weder Schmitz noch Ayl einlassen und so wurde die Verhandlung nach kurzer Pause mit umfangreichen Zeugen-Anhörungen fortgesetzt. Fünf Zeugen, darunter auch die Ehefrau des Angeklagten, die mit im Auto gesessen hatte, schilderten den Vorgang aus ihrer Sicht. Danach - und nach dem Antrag des Oberamtsanwaltes - schloss Schmitz: "Das Verhalten sieht schlicht so aus, dass drei Zeugen gesagt haben, dass bereits der erste Überholvorgang bedenklich war. Der zweite aber war jenseits von gut und böse. Was Sie gemacht haben, bezeichnen wir als Kolonnen-Springen." Ohne Zeitnot, "völlig sinn- und nutzlos" sei er dieses Risiko eingegangen. "Das war ein Kamikaze-Spiel."70 Tagessätze à 80 Euro kostet den Luxemburger der Urteilsspruch. Außerdem darf er neun Monate nicht in Deutschland Auto fahren.

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