Schöner wohnen im Kuhstall

Den Erhalt und die Entwicklung der Ortskerne hat sich die Verbandsgemeinde Saarburg auf die Fahnen geschrieben. Mittels eines - im Frühjahr gestarteten - Förderprogrammes bietet sie Besitzern alter Anwesen professionelle Beratung durch ein Architekturbüro an. Ein junges Paar aus Niedersöst macht davon Gebrauch und lässt ehemalige Stallungen zum Wohnhaus umbauen.

 Wandeln die ehemalige Stallung in ein Wohnhaus um (von links): Architekt Thomas Weimann, Stefan Neisius und Heidi Espen. TV-Foto: Susanne Windfuhr

Wandeln die ehemalige Stallung in ein Wohnhaus um (von links): Architekt Thomas Weimann, Stefan Neisius und Heidi Espen. TV-Foto: Susanne Windfuhr

Wincheringen-Niedersöst. Ein in die Jahre gekommener landwirtschaftlicher Anbau in der Straße "Söst" im Wincheringer Ortsteil Niedersöst - bis vor sechs Jahren lebten dort noch die Kühe und Schweine von Landwirt Erich Espen. "Unten waren die Stallungen, darüber wurden das Heu, Strohballen und teilweise Getreide aufbewahrt", erzählt Tochter Heidi Espen.Nachdem sich der inzwischen verstorbene Vater zur Ruhe gesetzt hatte, stand die Stallung leer. "Sie wurde noch als Winterquartier für Blumen genutzt, und ein Bauer hat hier seine Maschinen untergestellt", ergänzt Heidi Espens Freund Stefan Neisius.

Antrag läuft unbürokratisch

Noch gehört eine Menge Fantasie dazu, sich vorzustellen, wie aus dem heruntergekommenen Anbau, in dem derzeit allerlei Gerätschaften und Baumaterial gelagert werden, ein gemütliches Zuhause mit einer Wohnfläche von rund 230 Qua dratmetern werden soll.

Dass dem grundsätzlich nichts im Wege steht, und dass vor allem die Bausubstanz erhaltenswert ist, hat der Saarburger Architekt Thomas Weimann im ersten Schritt geprüft und bestätigt.

"Genau darum geht es bei unserem Förderprogramm für Altbausanierung in Ortskernen", erläutert Leo Lauer, Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Saarburg. Wer ein Haus hat, das vor 1950 innerhalb eines zusammenhängend bebauten Bereichs errichet wurde, und sich nun Gedanken darüber macht, was daraus wird, kann sich über die VG für das Programm "bewerben". Das gehe formlos und unbürokratisch, versichert Bauamtsleiter Klaus Wagner.

Wer bereits einen eigenen Architekten "an der Hand hat", kann diesen mit der Begutachtung beauftragen. Andernfalls hilft das Bauamt weiter.

"Ich habe die Bausubstanz unter die Lupe genommen und geschaut, ob man aus dem Objekt etwas machen kann oder nicht", sagt Thomas Weimann. "Dabei achte ich in erster Linie darauf, dass das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt." Anschließend habe er das Gebäude aufgemessen und einen Vorentwurf erstellt. Diese Arbeiten stellt er der VG in Rechnung.

Bis maximal 1000 Euro pro Objekt hält die Verbandsgemeinde für diese Schritte bereit. "Es geht nicht darum, die konkrete Umgestaltung mitzufinanzieren", erklärt Leo Lauer.

"Die Idee ist vielmehr, Besitzern alter Anwesen durch einen Architekten-Rat aufzuzeigen, was möglich ist. Mit wenig Geld zu guten Ideen kommen, lautet die Devise." Auf diese Weise wolle man verhindern, dass neben stetig neu enstehenden Neubaugebieten die Ortskerne ausbluten.

Einmaliges Angebot in der Region

Das Angebot der VG Saarburg, das nach Auskunft Lauers in der Region einmalig ist, sei in der relativ kurzen Zeit seit seinem Start im Frühjahr gut nachgefragt worden. "Bei sechs Objekten - unter anderem in Wehr, Kreuzweiler und Körrig - sind die Beratungen abgeschlossen", informiert Klaus Wagner. "Und ich weiß von einem Fall, bei dem der Besitzer definitiv nichts mit dem Anwesen gemacht hätte, wenn es nicht dieses Programm gegeben hätte."

Heidi Espen und Stefan Neisius haben durch ihren Architekten von der Förderung erfahren und erklären: "Bei uns lief das zufällig parallel. Wir hatten ohnehin vor, die Stallung umzubauen und haben uns deshalb mit unserem Architekten besprochen. In der gleichen Woche berichtete der TV über das Förderprogramm."

Inzwischen hat das junge Paar die Baugenehmigung für den Umbau in der Tasche, die Ausführungsplanung ist an Thomas Weimann übergeben. In spätestens zwei Jahren wollen sie ihr neues Zuhause beziehen. Für Heidi Espen, deren Elternhaus direkt an die Stallung angrenzt, eine besondere Vorstellung: "Es ist schon ein gutes Gefühl, dass dieser Anbau erhalten bleibt und ich demnächst gleich neben meinem Elternhaus einziehe." Verglichen mit einem Neubau sei das überdies die finanziell günstigere Lösung, meint Architekt Weimann. "Allein dadurch, dass die Außenmauern erhalten bleiben, sparen die beiden rund 100 000 Euro. Und mir macht es Spaß, aus alter Substanz etwas Neues zu machen."

Meinung

Auf Zeit setzen

Als die Verbandsgemeinde Saarburg vor einem halben Jahr die Idee mit dem Förderprogramm für sanierungsbedürftige Altbauten als Versuchsballon startete, hatte keiner der Ideengeber eine Ahnung, wie das Angebot angenommen würde. Ausschlaggebender Gedanke für den Bürgermeister und Thomas Wallrich, Moderator für ländliche Entwickung in der VG, war, nicht tatenlos zuzusehen, wie einerseits Neubaugebiete wie Pilze aus dem Boden schießen, während mancher Ortskern aufgrund der demografischen Entwicklung langsam, aber sicher ausblutet. Um zumindest zu versuchen, dem entgegen zu wirken, hat die VG vergleichsweise schnell, unbürokratisch und mit einem für den Haushalt überschaubaren Budget eine gute Idee ins Rollen gebracht. Die positive Nachfrage innerhalb kurzer Zeit gibt den Initiatoren Recht und sollte sie ermuntern, das Programm fortzusetzen. Denn eine Bewusstseinsbildung in den Köpfen der Dorfbewohner braucht Zeit und ist nicht von heute auf morgen zu erwarten. s.windfuhr@volksfreund.de

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