Steillagen-Pflege zum Nulltarif

LEIWEN. (mer) Wenn ein Winzer mit 65 Jahren seine Rente beantragt, muss er seinen Betrieb abgeben und darf fortan nur noch einen kleinen Weinberg von 16 Ar bearbeiten. Angesichts geringer Renten fordern ältere, aber arbeitswillige Leiwener Winzer: "Lasst uns weiterarbeiten!”

Ihr Wortführer ist der 63-Jährige Winzer Herbert Junk. Für ihn steht bereits jetzt fest, dass er, wenn sich die rechtliche Lage nicht ändert, in zwei Jahren keine Rente beantragen wird. Grund dafür ist das Gesetz über die Alterssicherung für Landwirte (ALG) aus dem Jahr 1957. Es setzt für den Erhalt einer Altersrente voraus, dass der Landwirt seinen Hof abgibt oder stilllegt. Er darf lediglich eine kleine Rückbehaltsfläche weiterführen. Wie groß diese Restfläche ist, bestimmt die Landwirtschaftliche Alterskasse. Für die Moselwinzer sind dies 16 Ar. Was für Junk nicht ernst zu nehmen ist: "Das ist ein kleiner Weinberg ums Haus.”Weinpreise sind gefallen

Für viele Winzer stellt sich die Frage, ob sie Rente beziehen oder weitermachen und auch weiterhin Beiträge zahlen sollen. Damals war die Regelung sinnvoll, da die Konjunktur blühte und junge Landwirte Probleme hatten, an Land zu kommen. Mittlerweile hat sich die Situation für die Winzer ins Gegenteil verkehrt: Die Weinpreise sind gefallen und der Beruf ist für viele Söhne und Töchter unattraktiv geworden. Junk, der Mitglied im Agrar- und Weinbau-Ausschuss Trier-Saarburg und Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Leiwen ist, fordert, dass entweder die Rückbehaltsfläche deutlich erhöht wird, was Sache der Alterskasse ist, oder die Hofabgabe vom Gesetzgeber aus dem ALG gestrichen wird. Junk weist auch auf die geringen Renten der Winzer von etwa 550 Euro netto im Monat für Ehepaare hin, die durch ein Weiterführen des Betriebs aufgebessert werden könnten. Außerdem sieht er sich durch aktuelle politische Maßnahmen bestätigt: "Wenn heute Ich-AGs massiv bezuschusst werden, warum dürfen dann nicht auch alte Winzer weiterarbeiten?” Zumal dies keine Kosten verursachen, sondern die Wirtschaft ankurbeln würde.Nachfolger fehlen

Alternativen zur Stilllegung haben viele Winzer derzeit nicht: Weil Nachfolger fehlen und Pächter sich meist für Flachlagen interessieren, liegen viele der arbeitsintensiven Steillagen brach. Auch der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Schweich, Berthold Biwer (CDU), unterstützt das Anliegen der Landwirte: "Winzer, die mit der Bewirtschaftung der Weinberge aktive Landschaftspflege zum Nulltarif leisten, sollen nicht daran gehindert werden.” Das rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerium in Mainz sieht das ähnlich. In einem Schreiben heißt es über die Hofabgabe: Eine "vergleichbare Leistungsvoraussetzung gibt es in anderen Rentenversicherungen nicht. Rentnern wird vielmehr empfohlen, sich zu betätigen, um gesund und frisch zu bleiben”. Die fürs ALG zuständige Bundesregierung sieht im Moment keinen Handlungsbedarf.

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