Stoff, der es in sich hat

GUSTERATH. Decken zum Kuscheln, als Dekoration, als Erinnerungsstück, zum Wärmen… In mühseliger Handarbeit und leidenschaftlicher Hingabe fertigt Tessa Huhn aus Gusterath Quilts an.

"Mit den hässlichsten Stoffen die man sich vorstellen kann", stand einst Betty Marsden an der Haustür von Tessa Huhn. Die junge Frau ahnte damals nicht, dass sie sich genau an diesen Moment noch lange erinnern würde. "Du bekommst ein Baby, und jetzt machst du, was alle werdenden Mütter machen - einen kleinen Quilt", befahl die 80-jährige Nachbarin.Am Anfang noch "total überfordert"

Die gebürtige Holländerin Tessa Huhn wohnte damals schon einige Jahre in Amerika. Einer Quilterin war sie bis dato noch nicht begegnet. Sie beugte sich dem Willen der resoluten alten Frau. Endlos viele Stoffstücke nähte sie zusammen. Oft passten die Nähte nicht, und sie war "total überfordert". Steppstiche nach traditionellem Muster hielten die beiden Stofflagen, in deren Mitte Vlies eingearbeitet wurde, zusammen. Bis zum letzten Nadelstich hielt sie durch und hatte nach etlichen Stunden eine individuelle Decke für ihren ersten Sohn William gequiltet. 28 Jahre später lebt Tessa in Gusterath. Inzwischen ist sie Mutter von fünf Kindern und Oma eines Enkelkindes. Ihr Haus gleicht einem Schmuckkästchen. Überall künstlerisch per Hand gearbeitete Decken, Wandbehänge, Kissen - alles Unikate. In den Kellerräumen des großzügigen Hauses an der Bockswiese in Gusterath führt Tessa Huhn seit vier Jahren ihren "Patchwork Shop". Früher betrieb sie einen bekannten Handarbeitsladen an der Trierer Karl-Marx-Straße. Den hat sie wegen der ständigen Parkplatzprobleme aufgegeben. Doch fast alle Stammkundinnen hielten ihr nach dem Umzug aufs Land die Treue. Was in Gusterath fehlt, ist die Laufkundschaft. Und: Die Euroumstellung macht dem Laden zu schaffen. Patchworken und Quilten ist kein ganz billiges Hobby. Aus Luxemburg, Koblenz, Wittlich und Prüm kommen die Käuferinnen. Auch die von Tessa Huhn regelmäßig angebotenen Kurse sind stets ausgebucht. Im Verkaufsraum stapeln sich die Stoffballen. Oft sieht Tessa Huhn einen Stoff und weiß sofort, was daraus entstehen wird. Die Stoffkombinationen wachsen bei ihr zusammen. Manchmal dauert es ein Jahr bis sie die Stoffe zusammen hat, die den nächsten einzigartigen Quilt ergeben werden. "Man kann davon ausgehen, dass die Stoffe 100 Jahre halten", sagt Tessa Huhn. Patchworken und Quilten ist für sie mehr als nur Handarbeit.Morgen: Der nasse Sommer im Ruwertal - was sagen Winzer, Landwirte, Gastromen und alle, die sich auf die "warme Jahreszeit" gefreut haben?

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