Tiefe Töne wie von der Alm

KASEL. Für diese Breitengrade ungewöhnlich ist ein Musikensemble aus Kasel: Seit rund acht Jahren gibt es die "Ruwertaler Alphornbläser".

Ihre Musik erzeugen Hermann Jakobs, sein Bruder Adolf und Helmut Heinz aus Ruwer auf den längsten Blasinstrumenten der Welt ­ es ist ein satter, tiefer Dreiklang. Rund vier Meter messen die aus Haselfichte gefertigten Hörner zum Stückpreis von rund 600 Euro. Nur im zerlegten Zustand passen die Instrumente in normale Wohnhäuser.Das Trio hatte auch schon Auftritte im Ruwertal und in der näheren Umgebung: beim Ruwerweinfest in Kasel, bei Einweihungsfeierlichkeiten, Konfirmationen oder bei Familienfeiern. Doch am liebsten spielt man für sich selbst und aus Freude an der Musik. Die Stücke dazu hat Hermann Jakobs sogar selbst komponiert.Manchmal erklingen die Hörner im Weinberg

Einfach sei es nicht, auf den riesigen Instrumenten einen Ton zu erzeugen, sagen sie. Alphornblasen sei eine eigene Wissenschaft. Weil das Horn keine Grifflöcher oder Ventile wie die Trompete habe, müsse der Musiker die verschiedenen Töne mit den Lippen und durch unterschiedlichen Anpressdruck formen.Bei seinen seltenen Aufritten erlebt das Ensemble schon einmal nette Überraschungen. So standen sie kürzlich mit ihren riesigen Instrumenten vor der Porta Nigra in Trier, als plötzlich aus "allen Himmelsrichtungen" fotografierende Japaner auf sie zustürmten. Aber auch an einen Trier-Besucher aus Südtirol erinnern sich die Musiker: ihm standen bei den Klängen aus den langen Hörnern die Tränen in den Augen.Manchmal stellt sich das Ensemble auch in die Weinberge und lässt bei einer guten Flasche Wein seine Hörner erklingen. Dann hallen die mächtigen und melancholischen Töne weit über das Ruwertal. Auch in den Alpen, in Viehhofen bei Zell am See (Österreich), haben die Musiker ihre Hörner schon erklingen lassen. In Viehhofen war es auch, wo sie 1994 erstmals Alphörner aus der Nähe kennen lernten und sofort Gefallen an den Instrumenten fanden. Als Musiker der "Ruwertaler Winzerkapelle" Kasel hatten sie damals den Ort besucht und an einem gemütlichen Heimatabend teilgenommen. Geboten wurden Volkstanz, Glockenspiel, Akkordeonmusik und natürlich auch ein Alphornkonzert.Die drei Musiker waren so beeindruckt, dass sie ohne Wissen ihrer Frauen bei einem Instrumentenbauer in der Nähe Viehhofens die drei Hörner bestellten. Schon wenige Monate später konnten die Instrumente abgeholt werden ­ zum Entsetzen von Maria und Margit Jakobs, die erst zu diesem Zeitpunkt vom "Alleingang" ihrer Männer erfuhren.Während die Frauen noch von den "Alptraumbläsern" sprachen, studierten die Männer fleißig die Musikstücke auf ihren in "F" gestimmten Instrumenten ein. Schon bald waren sie für ihren ersten öffentlichen Auftritt als "Ruwertaler Alphornbläser" gewappnet.Übrigens: Ursprünglich diente das Alphorn nicht der Unterhaltung, sondern der Nachrichtenübermittlung. So konnte der Melker auf der Alm auch ohne Telefon und Handy mit einer bestimmten Melodie dem Bauern im Tal mitteilen, was er gerade brauchte.

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