Und plötzlich war das Wasser weg

RALINGEN. Radwege, Gaststätten und Campingplätze säumen die Ufer der Sauer. Jährlich tummeln sich tausende von Touristen in ihrem Tal. Allerdings leidet der kleine Grenzfluss auch unter den Eingriffen des Menschen.

Was geschehen kann, wenn ein und dieselbe Sache zwei Herren dienen soll, zeigt sich am rund fünf Kilometer langen Sauerbogen zwischen Rosport/Ralingen und Wintersdorf. Einerseits wird der Fluss dort zur Elektrizitätserzeugung genutzt, andererseits soll er der Wasserfauna und -flora einen natürlichen Lebensraum bieten. Die Stromproduktion funktioniert, die Fische im Sauerbogen müssen jedoch wegen Wassermangels eine Art Amphibiendasein fristen.Unerwünschter Nebeneffekt

Das Problem ist das zur Energiegewinnung angestaute Wasserreservoir bei Rosport. An den Stahltoren des Stauwehrs ist Endstation für den größten Teil des Sauerwassers. Statt wie früher dem großen natürlichen Bogen an der Ralinger Mühle zu folgen, nimmt es nun hinter dem Stausee eine Abkürzung durch einen teilweise vertunnelten Kanal zum Turbinenhaus, das auf Luxemburger Seite etwas oberhalb von Wintersdorf steht. Dort wird die Sauer erst nach getaner Arbeit am Generator wieder zurück in ihr natürliches Bett gelassen. Der unerwünschte Nebeneffekt: Bei Trockenheit und niedrigem Wasserstand siecht der Restlauf des Flusses im Sauerbogen dahin. Bleiche Geröllinseln bilden sich, dazwischen versumpfende Pfützen. Die Anwohner klagen über Modergeruch und eine zunehmende Fliegenplage im Sommer. Vermutlich fühlen sich nur noch Frösche im Sauerbogen richtig wohl. Obwohl die Wehranlage bei Rosport schon Anfang der 60er-Jahre gebaut wurde, trat der Wasserschwund erst vor zwei Jahren auf. Warum, erklärt der Ralinger Ortsbürgermeister Oswald Disch: "Früher gab es im Sauerbogen vier künstliche Wehre, die das Wasser leicht anstauten und so für eine ständige Füllung des Flussbetts sorgten." Doch 2002 seien die Wehre in deutsch-luxemburgischer Zusammenarbeit gesprengt worden, um den Fischen wieder einen natürlichen Lebensraum zu schaffen. Disch: "Wir als Anliegergemeinde wurden dazu nicht befragt. Aber wir sehen das Ergebnis." Federführend bei der Maßnahme waren die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord, Außenstelle Trier, vormals Staatliches Amt für Wasser- und Abfallwirtschaft, sowie die luxemburgische Wasserbehörde. Nach Angaben von Joachim Gerke von der SGD hat die deutsch-luxemburgische Grenzfischereikommission die Renaturierung gewünscht und beschlossen - auch Gutachten seien erstellt worden. Grund: Durch die ehemalige Lösung mit vier Wehren sei die Sauer im Bogen zu einem fast stehenden Gewässer geworden - mit Sauerstoffproblemen in Sommer. Bürgermeister Wolfgang Reiland von der Verbandsgemeinde Trier-Land spricht von einer "sehr unbefriedigenden Situation" für Natur, Anrainer und sogar für die Sicherheit, denn der Sauerbogen sei früher auch als Löschwasserreservoir bei Waldbränden genutzt worden. Liegt der Schwarze Peter nun beim luxemburgischen Betreiber des Kraftwerks, der Firma Saler. "Wir wissen von dem Wasserschwund, aber das ist nicht unser Problem", sagt Nic Glaesener, Chef der Saler-Betriebsführung. Die Firma habe das E-Werk mit maximal sieben Megawatt Leistung vor zwei Jahren vom Staat Luxemburg auf 30 Jahre gepachtet. Seit der Inbetriebnahme im Jahre 1960 sei die garantierte Mindestabgabemenge an die Sauer auf einen Kubikmeter pro Sekunde festgesetzt gewesen.Perspektive: Mehr Wasser aus dem Kraftwerk

Glaesener: "Für die maximale Leistung müssen pro Sekunde 20 Kubikmeter durch die Turbine laufen. Das erreichen wir aber in trockenen Zeiten nicht, wenn wir mehr als einen Kubikmeter an die Sauer abgeben." Sei eine höhere Menge gewünscht, falle zwangsläufig der Ertrag. "Für diesen Fall", so Glaesener, "muss uns der Staat Luxemburg eben bei der Pachtsumme entgegenkommen." Es ist gut möglich, dass eben dieser Fall in absehbarer Zeit eintreten wird. Dazu Joachim Gerke von der SGD: "Unsere Perspektive ist sogar eine Mindesabgabemenge von fünf Kubikmetern pro Sekunde, wozu aber technische Veränderungen an der Wehranlage erforderlich sind. Die entsprechenden Daten sind von einem luxemburgischen Ingenieurbüro ausgearbeitet worden und liegen vor." Der nächste Schritt sei die wasserrechtliche Umsetzung in deutsch-luxemburgischer Zusammenarbeit.

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