Vertrauen zum eigenen Geschmack entwickeln

KONZ. So einfach kann die Welt sogar für einen renommierten Weinkritiker sein: "Wein schmeckt oder eben nicht" – dessen ist sich zumindest Stuart Pigott, Wahl-Berliner mit britischem Pass, sicher. "Planet Wein" war der Titel von Pigotts Show, zu der rund 120 Liebhaber edler Tropfen ins Kloster Karthaus gekommen waren.

In bestimmten Kreisen gilt: "Wer etwas auf sich hält, trinkt Wein statt Bier." Obwohl inzwischen auch der schäumende Gerstensaft als Beiwerk guten Essens die weiß gedeckten Tische nobler Restaurants erobert hat, genießt nach wie vor das Produkt des Winzers die Vormachtstellung. Das kommt nicht von ungefähr, gibt es doch den Wein in zahllosen, praktisch zu jedem Anlass passenden Varianten. Unterdessen haben Weinkritiker erkannt, dass der Weingenuss keineswegs bestimmten Gesellschaftskreisen vorbehalten ist. Stuart Pigott gehört dazu. Seit Jahren zählt der Wahl-Berliner mit britischem Pass zu den bekanntesten Weinkritikern bundesweit. Zahlreiche Bücher hat der 45-Jährige verfasst. Regelmäßig schreibt er unter anderem für renommierte Gourmet- und Weinmagazine. "Das elitäre Gehabe von Weintrinkern nervt mich" - mit solchen Äußerungen erlangte Pigott nicht nur Bekanntheit, sondern auch Ansehen. Sein Hauptanliegen ist es nicht etwa, Weine hinsichtlich Geschmack und Qualität zu klassifizieren. Vielmehr möchte er den interessierten Laien auf den Weg zum Weingenuss bringen. Ein Mittel zum Zweck sind seine Bücher, darunter eines seiner neuesten mit dem Titel "Planet Wein". Darin beschreibt er viele Sorten, von Chardonnay über Merlot bis hin zum Riesling, und erklärt die Weine, die sie hervorbringen. Zahlreiche Länder und Weinbauregionen hat der Autor bereist, um "vor Ort" zu recherchieren. Wenn Stuart Pigott nicht gerade schreibt, zieht es ihn nach draußen, zu jenen, denen er das Weintrinken beibringen will. Im Kloster Karthaus scharten sich um ihn rund 120 Interessierte - Weinkenner und solche, die es werden wollen - zu seiner Show "Planet Wein". Dabei zielte Pigott hauptsächlich auf das bereits vorhandene Urteilsvermögen seiner Gäste. Denn: "Wein ist genauso gut oder schlecht, wie er für jemanden riecht oder schmeckt." Doch ist die Welt des edlen Getränks wirklich so leicht zu erklären? Für Pigott sicherlich, denn der will seine Zuhörer nicht belehren. Allenfalls spricht er Empfehlungen aus. In erster Linie aber wolle er eine Art "Selbstbewusstsein" schaffen, dem eigenen Geschmack zu vertrauen, erklärte der Wein-Experte. Einen Wein allgemeingültig zu beurteilen, sei ohnehin kaum möglich. Denn: "Derselbe Wein, den man gestern getrunken hat, schmeckt heute schon wieder anders, abgesehen davon, dass kein Wein wie der andere ist." Genau das sei das Reizvolle am Rebensaft, nämlich der ständige Wandel, dem er unterliege.

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