Verunsicherten Fischern fehlen Vorgaben

Es herrscht Unsicherheit bei den Anglern der Region über die tatsächliche Schadstoffbelastung mit dem Gift PCB bei Moselfischen. Die Mehrzahl der deutschen Petrijünger verzichtet dennoch nicht auf den Genuss der gefangenen Schuppenträger, obwohl französische Behörden eine gesundheitsschädliche Belastung festgestellt haben.

 Skeptisch beim Verzehr von Moselfisch: Pascal Gallion, Mitglied der luxemburgischen Angler-Nationalmannschaft, setzt seine Beute meist wieder zurück in den Fluss. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Skeptisch beim Verzehr von Moselfisch: Pascal Gallion, Mitglied der luxemburgischen Angler-Nationalmannschaft, setzt seine Beute meist wieder zurück in den Fluss. TV-Foto: Dirk Tenbrock

Trier. (dt) Die Situation: In Frankreich ist der Verzehr von Fischen aus der Mosel verboten- wegen der Belastung durch im Flussgrund abgelagertes PCB, ein dioxinähnliches, krebserregendes Isolier-, Hydraulik- und Kühlmittel. In Luxemburg und Deutschland gilt lediglich eine Empfehlung zur Beschränkung des Verzehrs auf ca. zwei Portionen wöchentlich (der TV berichtete mehrfach). Unverständlich in Zeiten des vereinten Europas meinen viele Angler der Region, wie eine Befragung durch den Trierischen Volksfreund ergab.

"Bange machen gilt nicht" sagt Bernd Meier aus Konz, der seine Ruten an der Saarmündung ausgelegt hat und sich an diesem Sommertag sichtlich wohlfühlt. "Solche Mengen an Fisch isst man ja nicht. Außerdem sind Raubfische, die sich nicht am Grund des Flusses aufhalten, ja wohl nicht so stark belastet. Ich gebe auch meinen Enkeln Fisch zum Probieren."

Franz Hermann, Vorstand der Sportfischervereinigung Konz, stimmt zu: "Zander und Barsch kann man bedenkenlos essen." Zur Situation in Frankreich mutmaßt er: "Vielleicht ist die Belastung dort ja schlimmer, wir wissen ja nicht, was beim Atommeiler Cattenom so alles in den Fluss geleitet wird."

Pascal Gallion, Mitglied der luxemburgischen Angler-Nationalmannschaft und passionierter Karpfen-Spezialist, hat schon bis zu 13 Kilo schwere Exemplare aus der Mosel auf die Schuppen gelegt. Er ist skeptisch, was den Verzehr der gefangenen Fische angeht: "Gerade Karpfen und Aale, die sich überwiegend im Grund-Sediment ernähren, lagern in ihrem fettreichen Fleisch allerlei Schadstoffe ab." Er fischt fast ausschließlich aus sportlichen Gründen und wegen des Naturerlebnisses.

Gallion setzt deshalb seine kapitale Beute möglichst schonend wieder ins nasse Element zurück. "Dann können sich die Fische auch weiter vermehren, und unser Fischreichtum bleibt erhalten." Vehement fordert er jedoch die zuständigen Behörden der drei Anrainer-Staaten zum Handeln auf: "Es ist doch ein Unding, dass uns keine aktuellen Analysen der Belastung von gefangenen Fischen sowie des Gewässergrundes vorliegen! "

Bis dahin werden wohl einige Petrijünger auf den Genuss von "blau" gekochtem Karpfen verzichten oder auf gezüchtete Fische aus Aquakulturen zurückgreifen. Die Nahrungsmittelindustrie wird sich freuen, einmal nicht im Mittelpunkt eines Lebensmittel-"Skandals" zu stehen.

Extra Gifte: PCB-Polychlorierte Biphenyle sind dem Seveso-Gift Dioxin ähnliche Substanzen, die industriell als Isolier-, Hydraulik- und Kühlmittel eingesetzt wurden. PCB ist seit 1989 verboten, bleibt aber wegen seiner Stabilität noch lange nachweisbar. Es reichert sich im Fettgewebe an und kann zu Krebserkrankungen, Hormonstörungen, Unfruchtbarkeit, Hautschäden und Störungen des Immunsystems führen. (dt)

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