"Von Schmusekurs kann keine Rede sein"

SAARBURG-KAHREN. Die Freie Wählergemeinschaft (FWG) ist dritte Kraft im Saarburger Stadtrat und seit der Kommunalwahl im Juni 2004 neu zusammengesetzt. Fraktionssprecher Reiner Glosse zieht im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund erste Bilanz.

Die FWG Saarburg agiert seit dieser Amtsperiode in beinahe komplett ausgewechselter Besetzung. Außer Ludwig Kohn sind die übrigen Mitglieder neu dabei. Wie hat sich das bislang ausgewirkt?Reiner Glosse : Dass wir in neuer Besetzung arbeiten, wirkt sich in keiner Weise negativ aus. Alle, die im Stadtrat vertreten sind, waren vorher auch in die FWG-Arbeit involviert und sind somit auf dem Stand der Dinge. Bislang hat die FWG häufig konträre Positionen gegenüber CDU und SPD eingenommen. Unter Reiner Glosse scheint die FWG jedoch derzeit eher auf Schmusekurs zu sein. Täuscht der Eindruck?Glosse: Von Schmusekurs kann keine Rede sein. Auch die prinzipiell oppositionelle Haltung ist so nicht richtig. Die hängt einfach mit der Gesamt-Konstellation des Rates und der Position des Stadtbürgermeisters, wie sie früher war, zusammen. Dennoch herrscht offensichtlich auch inhaltlich weitgehend Konsens mit den anderen Fraktionen im Rat.Glosse:Was bis jetzt verabschiedet worden ist im Stadtrat und auch in den Ausschüssen, ist die ganz normale Arbeit. Dabei haben sich bis jetzt noch keine konträren Positionen gezeigt. Ich würde mal sagen, 95 Prozent aller Beschlüsse haben wir im Rat gemeinsam beschlossen. Das denke ich, ist fast der Normalfall in allen Räten. Ihr Vorgänger Ewald Kölling hatte nach der Wahl gesagt, bei den neuen Mehrheitsverhältnissen und den reduzierten Sitzen der FWG sei sie künftig "zu einer Politik des Zuschauens verdammt". Sehen Sie das auch so?Glosse: Unter dem Gesichtspunkt der Mehrheitsverhältnisse ist das natürlich richtig. Wir können allerdings unsere Positionen im Stadtrat deutlich machen. Deswegen wäre ich auch froh, wenn die Bürger die Stadtratsitzungen stärker besuchen und sich die unterschiedlichen Positionen anhören würden. Wo liegen denn die Unterschiede zu CDU und SPD?Glosse : Im Wesentlichen gibt es zwei Dinge, bei denen wir unterschiedlicher Auffassung sind. Das war auch schon im letzten Wahlkampf Thema.Die Entwicklung des Industriegebietes Irscher Straße II und die Entwicklung des Baugebietes Auf der Wild erscheinen mir den heutigen Verhältnissen und der Zukunft Saarburgs nicht angemessen. Was ist der Punkt beim Industriegebiet Irscher Straße II?Glosse: Es trägt den geo- und wirtschaftspolitischen Veränderungen der vergangenen zehn Jahre nicht Rechnung. Ich denke, man müsste über eine deutliche Verkleinerung dieses Industriegebietes nachdenken. Die Standortnachteile Saarburgs sind so bedeutend und werden sich auch nicht bessern, selbst wenn der Moselaufstieg käme. Und beim Baugebiet Auf der Wild?Glosse: Das ist eine klassische Splittersiedlung, die zu einer Zersiedlung führt. Sie ist aus landespflegerischer Sicht eigentlich gar nicht genehmigungsfähig. Außerdem ist die Absicht, dass die Grundstücksbesitzer als Investoren mit einsteigen. So wie es aussieht, haben die dazu weder Lust noch das Geld. Das heißt, wir haben ein Gebiet entwickelt, bei dem die Kosten wieder auf die Stadt zurückfallen. Welche Themen will die FWG im Stadtrat anstoßen?Glosse : Ich denke, dass sich die Arbeit im Rat nach Kassenlage entwickeln wird. Wir werden keine großen Luftschlösser bauen. Wo will die FWG sich trotz dieser Rahmenbedingungen positionieren, was ist Schwerpunkt Ihrer Arbeit?Glosse : Vor allen Dingen die Bürgernähe. Dass die Interessen der Bürger erkannt werden und danach gehandelt wird. Wie wollen Sie Bürgernähe erreichen?Glosse: Wir wollen etwa alle halbe Jahr Veranstaltungen anbieten, bei denen wir die Bürger informieren und die Sicht der FWG zur Stadtpolitik darstellen. Worauf legt die FWG darüber hinaus Wert?Glosse : Kostenkontrolle ist uns wichtig. Wenn man Dinge anschiebt, nur deswegen, weil man dafür Fördergelder bekommt, nach dem Motto ‚Wenn wir es nicht machen, machen es die Konzer', dann bekommt der Wahnsinn Methode. Dafür gibt es hier zahlreiche Beispiele - etwa den Jakobusweg oder das Haus der Fischerei. Dennoch: Was will die FWG als Thema vorrangig vorantreiben?Glosse: Die Förderung des Tourismus. Das ist das Potenzial, das in Saarburg entwickelt werden muss. Das muss man ganz klar erkennen und auch überregional stärker herausstellen. Wie fällt Ihre Bilanz nach diesem ersten halben Jahr aus? Glosse : Ich denke, wir haben nach einer anfänglichen etwas feindlichen Stimmung mitteilen können, dass wir ein gesprächsbereiter und verlässlicher Partner im Rat sind. Das ist inzwischen mehr und mehr so wahr genommen worden von den anderen Fraktionen. Darauf lässt sich aufbauen. S Das Gespräch führte TV-Redakteurin Susanne Windfuhr.

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